20 minuten online: Die Krawalle in Zürich sorgen auch bei jenen, die Reclaim the Streets ins Leben gerufen haben, für Unverständnis. Hooligans und Autonome würden den Anlass missbrauchen.
Auf weit über eine Million Franken beläuft sich der Sachschaden, den Vandalen am Freitagabend in den Zürcher Stadtkreisen 3 und 4 angerichtet haben. Dass der unbewilligte Protestmarsch Reclaim the Streets in solche Gewalt ausgeartet ist, macht auch Leute betroffen, die in den Anfängen der Bewegung mit dabei waren.
Reclaim the Streets fand in Zürich erstmals am 31. August 2002 statt. Eine Besucherin, die an einer der ersten Ausgaben teilnahm, sagt: «Es gab gute Musik, wir tanzten durch die Strassen, es war friedlich.» Doch schon damals sei die Stimmung im Verlaufe des Anlasses gekippt: «Ein paar Leute fingen an, Wände zu versprayen, dann kam die Polizei mit Tränengas – das fanden wir nicht mehr lustig und wir entfernten uns.»
Ursprünglich ein Sprayer-Anlass
Laut einem Kenner der Sprayer-Szene, der anonym bleiben möchte, waren bei Reclaim the Streets von Anfang an vor allem Sprayer mit dabei: «Die Idee war, in der Stärke der Gruppe auf dem Weg durch die Stadt Tags und Bilder machen.» Zwar führe das auch zu Schäden, aber niemals in einem solchen Ausmass wie am Freitagabend.
«Leider wurde der Anlass mit den Jahren immer mehr von Leuten unterwandert, die nur auf Zerstörung aus sind – und damit meine ich Autos anzünden, Fensterscheiben einschlagen und Steine oder anderes auf Cops werfen», so der Insider.
«Ersatz für den 1. Mai»
Unter den gewaltbereiten Teilnehmern seien viele Personen aus der links- und rechtsextremen Szene sowie Hooligans. «Die meisten davon wollen so den 1. Mai nachholen», sagt der Szenekenner. Dort passiert nicht mehr viel, seit die Polizei konsequent gegen die berüchtigten Nachdemos vorgeht.
Vergangenes Jahr sei Reclaim the Streets im Schutz der Binz-Demo über die Bühne gegangen. «Die Hausbesetzerszene war sauer darüber, weil sie ja eigentlich einen friedlichen Protest wollte.» (vro/gbr/rom)