«Wir werden missbraucht»

NeueLuzernerZeitung

Der Auftritt Rechtsextremer am Montag in Brunnen gibt zu reden. Am Tag danach fordern der Gemeindepräsident und der Polizeidirektor Massnahmen.

VON BERT SCHNÜRIGER

«Ich meine, die Rütlikommission sollte die Bundesfeier auf dem Rütli künftig nicht mehr durchführen», sagte gestern der Schwyzer Polizeidirektor Alois Christen. Wenn sie aber weiterhin stattfinden solle, dann erwarte der Kanton Schwyz künftig Hilfe vom Bund. Denn der Polizeieinsatz vom 1. August in Brunnen koste den Kanton Schwyz mehr als 100 000 Franken.

«Die Polizei könnte diese Störenfriede wohl alle in Brunnen beim Aussteigen aus dem Schiff in Haft nehmen. Aber dann würden wir dafür 600 Polizisten benötigen.» Dieser Aufwand aber würde bald jenem des WEF in Davos entsprechen. «Und wir hätten ein belagertes Brunnen, was wir ja auch nicht wollen.»

Entscheide gefordert

Laut Alois Christen wird sich der Schwyzer Regierungsrat in seiner ersten Sitzung nach den Sommerferien mit diesem Problem befassen. Christen fordert allerdings schon jetzt Entscheide des Bundes und der Rütlikommission. Die Polizei habe ihre Sache gut gemacht. Und zum Glück sei auch ein Demonstrationsgesuch Linker abgewiesen worden. «Wenn die auch noch dagewesen wären, hätte es ein Gemetzel gegeben. Überhaupt: Ist dies denn noch ein Nationalfeiertag, wenn am Schluss der Bundespräsident den Tränen nahe ist?»

Auch Urs Koller, Gemeindepräsident von Ingenbohl-Brunnen, fordert jetzt Entscheide des Bundes und der Rütlikommission. «Wir hier in Brunnen stehen diesen Auftritten hilflos gegenüber», sagte er gestern, einen Tag nach dem Auftritt von etwa 700 Rechtsextremen im Dorf. «Die kamen aufgeputscht vom Rütli zurück, standen wie unter Drogen.» Zum Glück habe die Gemeinde vorsorglich ihr Volksfest nicht mehr auf der Bahnhofstrasse, sondern abseits auf dem «Wehrihaggen» organisiert. «Sonst hätte es gekesselt.» Und die Polizei habe das Dorf perfekt abgeriegelt. Damit konnte mindestens erreicht werden, dass keine materiellen Schäden und kaum Personenschäden entstanden.

Rechte Horde

«Aber mehr können wir nicht unternehmen, ich wüsste nicht, was», führt Koller aus. Am Dienstagabend werde sich auch der Ingenbohler Gemeinderat mit dem Problem befassen. «Wir werden missbraucht. Und ich bin nicht mehr bereit, unser Dorf derart missbrauchen zu lassen.» Die Bundesfeier auf dem Rütli ziehe diese rechte Horde an, und die Gemeinde Ingenbohl-Brunnen habe «den unsäglichen Abmarsch dieser Typen hernach auszubaden.» Darum dürfe jetzt auch die Rütlikommission als Veranstalterin der Bundesfeier auf dem Rütli nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Und auch der Bundespräsident müsse jetzt handeln.

Nach der unbewilligten Kundgebung der Rechten in Brunnen sind bei der Polizei aus der Bevölkerung keine Strafanzeigen eingegangen. Dies sagte gestern Florian Grossmann, Sprecher der Schwyzer Kantonspolizei. «Allerdings prüft die Polizei nach Auswertung des gestrigen Einsatzes, ob sie gegen die Verantwortlichen dieser Kundgebung selber Anzeige erstattet», so Grossmann.