«Wir hatten sie immer unter Kontrolle»

SolothurnerZeitung

SOLOTHURN · «Besuch» Rechtsradikaler sorgt in der Bevölkerung für Aufregung – die Polizei relativiert

Ein Passant wurde am Samstag von Rechtsradikalen verprügelt, ein zweiter soll in die Aare geworfen worden sein. Die Gerüchte um Vorfälle vom Samstagabend muss die Polizei nur teilweise bestätigen.

Fabian Gressly

Die Meldung eines Angriffs gegen einen ausländischen Staatsangehörigen auf der Wengibrücke in Solothurn zieht weite Kreise. Am Montag meldete die Kantonspolizei, ein 33-Jähriger sei am Samstag kurz nach 17 Uhr von Unbekannten auf die Fahrbahn der Brücke gestossen und anschliessend getreten worden (wir berichteten). Weiter gab sie an, Personen, «die von Passanten der rechtsextremen Szene zugeordnet worden waren», kontrolliert zu haben. Sie seien «im Verlaufe der Nacht auf Sonntag nicht negativ aufgefallen».

Ein Pressecommuniqué der «Antifa Solothurn» sowie ein Leserbrief sind als Reaktion auf diese Meldung in der Redaktion dieser Zeitung eingetroffen und schildern die Vorfälle von jenem Samstag aus einer anderen Sicht. Demnach seien die 25 «Neonazis», wie sie in diesen beiden Schreiben bezeichnet werden, bereits um 15 Uhr bei der Autobahnraststätte Deitingen gesichtet worden.

Nur ein Zwischenfall bekannt

In Solothurn wurde die Gruppe offenbar schon um 16.30 Uhr vor dem Alten Zeughaus gesehen. Bei der Kantonspolizei kann man dies nicht bestätigen, wie Thomas Zuber, Chef der Kriminalabteilung der Kantonspolizei, Auskunft gibt. Erst nachdem der Angriff auf der Wengibrücke von einem Passanten gemeldet worden war, hat man sich vonseiten der Polizei des «Besuchs» angenommen.

Der angegriffene Passant sei dann von der Polizei ins Krankenhaus gefahren, eingeliefert und dort von den Beamten auch über seine Rechte informiert worden, so Zuber weiter. Nachdem sie sich nach dem Gesundheitszustand des Verletzten erkundigt und positiven Bescheid erhalten hatten, verliessen die Polizisten das Spital wieder. Gerüchte, wonach ein zweiter Passant durch Angehörige der Gruppe von der Wengibrücke in die Aare geworfen worden sei, zerstreut Zuber: «Wenn dem so gewesen wäre, hätte es eine Meldung gegeben.»

Nach dem Zwischenfall führten die Beamten bei der Gruppe eine Personenkontrolle durch, während der sämtliche Personalien aufgenommen wurden. Waffen, die Passanten gemäss «Antifa» und Leserbrief bei den Rechtsradikalen beobachtet haben wollen, stellte die Kantonspolizei aber nicht fest, wie Zuber weiter weiss.

Einsatz bis in frühe Morgenstunden

Ab diesem Angriff «hatten wir sie immer unter Kontrolle», erklärt Thomas Zuber den Einsatz, der «über Mitternacht hinaus» gedauert habe, weiter. Auch Peter Fedeli, Kommandant der Stadtpolizei, weiss, dass die Gruppe «bis in die frühen Morgenstunden» beobachtet wurde. Die Stadtpolizei war mit vier Personen ebenfalls am Einsatz beteiligt. Er habe kurz vor 18 Uhr mitgeteilt erhalten, was in Solothurn vor sich ging, erinnert sich Fedeli. Von Beobachtungen vor 17 Uhr weiss man aber auch bei der Stadtpolizei nichts. Sowohl der «Antifa»-Mitteilung wie auch dem Leserbrief ist zu entnehmen, von Passanten sei die Polizei immer wieder in der Nähe der rechtsextremen Gruppierung gesichtet worden. Das bestätigt auch Zuber: Man habe sie nicht hautnah beobachtet, aber wäre ein Polizeieinsatz nötig gewesen, hätte man sofort eingreifen können. Weitere Zwischenfälle seien der Kantonspolizei jedoch keine gemeldet worden.

«Keine Hinweise auf 1.-Mai-Umzug»

Gemäss Beobachtungen der «Antifa» zog die Gruppe von der Wengibrücke über den Landhausquai, die Kreuz-ackerbrücke und den Kronenstutz bis zum Kunstmuseum. Auf diesem Umzug «scheucht der Trupp vermehrt Passanten auf und hetzt» sie, so schildert die «Antifa» Beobachtungen. Feststellungen dieser Art wurden aber weder von Kantons- noch Stadtpolizei gemacht.

Mit Blick auf den nahenden 1. Mai und den Umzug zum Tag der Arbeit werde man «beide Seiten – Rechts- und Linksextreme – im Auge behalten», so Thomas Zuber. Dass die Vorkommnisse vom Samstag aber in direktem Zusammenhang mit dem 1.-Mai-Umzug und vielleicht geplanten Aktionen stehen könnten, dafür habe man keine Hinweise. Der Gang der Gruppe sei mit der 1.-Mai-Route nicht deckungsgleich, und dazwischen einen Zusammenhang herzustellen, «kann eine Hypothese sein», gibt Thomas Zuber Auskunft.