Aargauer Zeitung. 2021 wurde die «Junge Tat» vom Nachrichtendienst des Bundes als «Gruppe mit erhöhtem Gewaltpotenzial» bezeichnet. Nach der unbewilligten Aktion der Rechtsextremen beim Regierungsgebäude in Aarau vor drei Wochen will SP-Nationalrätin Gabriela Suter vom Bundesrat wissen, wie gefährlich die Gruppierung ist.
Rund zwanzig Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat» versammelten sich am 4. März beim Regierungsgebäude in Aarau. Sie zündeten rote und blaue Rauchpetarden und hissten auf dem Balkon ein Transparent mit der Aufschrift «Kündigung an die Regierung». Hintergrund war der Fall Windisch, wo Mieterinnen und Mieter die Kündigung erhielten, weil eine Immobilienfirma ein Neubauprojekt plant und der Kanton die Liegenschaft bis zum Baustart als Asylunterkunft nutzen will.
Die Kantonspolizei Aargau löste die Kundgebung rasch auf und kontrollierte die Personalien von mehreren Teilnehmern. Einige von ihnen wurden wegen Verstössen gegen das Vermummungsverbot angezeigt, wie ein Polizeisprecher sagte. Mindestens ein Teilnehmer, der aus dem Aargau stammende T. L. (Name der Redaktion bekannt), wurde zudem mit einem Rayonverbot für die Stadt Aarau belegt.
Juso demonstrierte nach Aktion der «Jungen Tat» gegen Faschismus
Am 6. März fand auf dem Bahnhofplatz in Aarau eine Gegenkundgebung statt, zu der die Jungsozialistinnen und -sozialisten (Juso) Aargau aufgerufen hatten. Mechthild Mus, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Aargau, sagte an der Demonstration, die Mitglieder der «Jungen Tat» seien Neonazis: «Statt Glatzen haben sie schicke Frisuren und statt Springerstiefeln Turnschuhe.»
Inzwischen hat die Aktion der rechtsextremen Gruppierung auch die Bundespolitik erreicht: SP-Nationalrätin Gabriela Suter, die selber in Aarau wohnt, will vom Bundesrat wissen, wie gefährlich die «Junge Tat» sei. In einer Interpellation schreibt Suter, der Nachrichtendienst des Bundes habe die Gruppierung 2021 im Bericht zur sicherheitspolitischen Lage erwähnt und als Gruppe «mit erhöhtem Gewaltpotenzial» bezeichnet.
Symbol des Nationalsozialismus: Suter besorgt über «Junge Tat»
Im Bericht von 2022 wurde die Gruppierung nicht mehr erwähnt, dennoch ist Suter besorgt, wie ihr Vorstoss zeigt. Die Mitglieder der «Jungen Tat» bezeichneten sich auf Social Media selbst als «rechte Jungs», forderten «patriotische Bildungsstrukturen» und die «Remigration» von Migrantinnen und Migranten, schreibt die Sozialdemokratin. Und weiter: «Sie empfehlen Schriften der identitären Bewegung, betreiben einen gewissen Körperkult und absolvieren gemeinsame Boxtrainings.»
Als Erkennungszeichen benutze die Gruppierung, die im Februar eine Wanderung am Hallwilersee unternahm, mit der Tyr-Rune ein Symbol des Nationalsozialismus. «Diese Rune wurde unter anderem bei der Reichsführerschule der Sturmabteilung und als Leistungsabzeichen der Hitlerjugend benutzt», schreibt Gabriela Suter. Sie sei auch Symbol des skandinavischen Neonazi-Netzwerks «Nordic Resistance Movement».
Wie gross ist das Gewaltpotenzial der Gruppierung?
Die Gruppierung fällt laut der SP-Nationalrätin seit längerem damit auf, «dass sie sorgfältig inszenierte, öffentlichkeitswirksame Aktionen durchführt und mit ihnen politische Propaganda betreibt». Über die sozialen Medien und Kanäle wie Telegram würden professionell gestaltete Videos der Aktionen verbreitet. Diese zielen nach Ansicht von Suter darauf ab, neue Mitglieder für die «Junge Tat» zu rekrutieren.
Vor diesem Hintergrund will die Nationalrätin vom Bundesrat unter anderem wissen, in welcher ideologischen Nähe sich die «Junge Tat» bewege und ob sie Verbindungen zu älteren Neonazi-Gruppierungen und Schweizer (Jung-)Parteien habe. Suter fragt weiter, wie gross die Gruppierung ungefähr ist und in welchen Kantonen sie aktiv ist. Und sie will wissen, wie stark die «Junge Tat» international vernetzt ist.
Gabriela Suter will auch wissen, wie der Bundesrat das Gewaltpotenzial der Gruppierung einschätzt. Und weiter: Was tut der Nachrichtendienst? Wird die Gruppierung elektronisch überwacht? Daran anschliessend fragt die SP-Nationalrätin, ob der Nachrichtendienst genügend Instrumente habe, um die «Junge Tat» zu überwachen – oder ob es schärfere Massnahmen brauche, um gegen solche Gruppierungen vorzugehen?