Regierungsrätliche Arbeitsgruppe schlägt Massnahmen vor
fs. Liestal, 12. Dezember
Am Abend des 17. August vorigen Jahres zogen anlässlich des Todestages von Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess ein gutes Dutzend rechtsextremistische Sympathisanten unbehelligt durch den Baselbieter Hauptort Liestal – ein Zwischenfall, der auf politischer Ebene des Landkantons nachhaltige Wirkung zeitigen sollte. Der Regierungsrat setzte eine Arbeitsgruppe ein, die den Auftrag hatte, die rechtsextreme Situation im Landkanton zu analysieren und Massnahmenvorschläge zu unterbreiten. Ein erster Grundlagenbericht kam zum – allerdings nicht auf einer systematischen Erhebung beruhenden – Befund, dass 70 bis 75 Jugendliche und junge Erwachsene aus allen sozialen Schichten der rechtsextremistischen Szene im Baselbiet zuzurechnen sind. Das Phänomen wurde aber mit der Feststellung relativiert, dass die rechtsextreme Ideologie nicht in der Persönlichkeit verankert sei, sondern den Jugendlichen zur Abgrenzung von den Erwachsenen und zur Bildung der eigenen Identität diene. Von Rechtsextremismus als Plattform zur Selbstdarstellung spricht der Sozialarbeiter Franz Kohler, der den Bericht verfasst hat.
Obschon das ermittelte Ausmass der rechtsextremistischen Szene in Baselland nicht allzu bedrohlich erscheint, sieht auch Justiz- und Polizeidirektor Andreas Koellreuter Handlungsbedarf. Es sei an jenem 17. August 2000 eine «braune Suppe» zum Vorschein gekommen, die zum Handeln gemäss der Maxime «Wehret den Anfängen» zwinge, sagte er am Mittwoch bei der Präsentation des zweiten Berichtes der Arbeitsgruppe Rechtsextremismus. Darin werden Massnahmen in verschiedenen Bereichen vorgeschlagen, wobei das Schwergewicht auf Prävention und Information gelegt werden soll. Bereits in Betrieb gehen kann in diesen Tagen eine Anlaufstelle für die Beratung von aussteigewilligen Jugendlichen, betroffenen Eltern und Gemeinden. Auf der Ebene Politik wird unter anderem vorgeschlagen, dass sich Mitglieder des Regierungsrates wenigstens einmal jährlich öffentlich zur Situation des Rechtsextremismus oder zu «verwandten Themen» wie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit äussern. Auch die Mitglieder des Landrates sollen die Selbstverpflichtung eingehen, sich durch klare Aussagen gegenüber allen Formen des Extremismus und Rassismus abzugrenzen – ein Wink nicht zuletzt an Vertreter der SVP, wie aus Aussagen des freisinnigen Justizdirektors zu schliessen war.
Weiter sollen die Gemeinden beim Aufbau einer mobilen Jugendarbeit unterstützt werden. Diese soll an Jugendliche gelangen, die zum Rechtsextremismus oder zum (insbesondere im Umfeld des FC Basels grassierenden) Hooliganismus neigen. Ein besonderer Ansatzpunkt wird denn auch auf der Ebene Sport gesehen, wo die Unterstützung der kürzlich vom FC Basel gestarteten Kampagne «Begeisterung braucht keine Gewalt» vorgeschlagen wird. Ein ganzes Bündel von Vorschlägen betreffen die Schule, wobei allerdings auch davor gewarnt wird, den Rechtsextremismus durch die Thematisierung für Jugendliche erst attraktiv zu machen. Bei der Prävention an den Schulen sollen auch Jugendsachbearbeiter der Polizei mitwirken. Wenn die Polizei minderjährige Skinheads identifiziert, soll sie deren Eltern mit einem Brief darüber und über mögliche Ansprechpartner informieren.
Dem Umstand, dass immer wieder offenbar ahnungslose Bürgergemeinden und Vereine rechtsextremen Gruppierungen Waldhütten und andere Lokale für Versammlungen vermieten, soll mit einem Informationsschreiben vorgebeugt werden. Schliesslich wird eine Institutionalisierung der heute fallweisen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus zwischen den beiden Basel durch die Einsetzung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe empfohlen und mittels regierungsrätlichem Auftrag bereits angestrebt.