Wer sind die Frauen der braunen Bande?

Blick

VON BEAT KRAUSHAAR UND MARTIN REICHLIN

AARAU. Auffallend viele Frauen standen auf dem Rütli in den Reihen der braunen Brut. Was treibt Frauen in die rechtsextreme Szene?

Ein «Lonsdale»-Schlüsselanhänger als Erkennungszeichen, das Bahnhofrestaurant Aarau als Treffpunkt. Dort trifft BLICK Janin (20) und Yvonne (20). Die zwei jungen Frauen erklären, warum sie jahrelang in der rechtsextremen Szene verkehrten. Und bis heute deren Gedankengut teilen.

«Ich war 16 Jahre alt, als mich mein damaliger Freund in einen Nazi-Spunten in Olten mitnahm», sagt die ganz in Schwarz gekleidete Janin. «Nach und nach lernte ich dort die Leute und ihre rechtsextremen Ansichten kennen. Ich war nicht mit allem einverstanden. Aber den Hass auf Ausländer konnte ich verstehen.»

Janin erzählt, wie sie als junges Girl ständig von Ausländern angemacht wurde und diese als Sozialschmarotzer wahrnahm. «Es gibt zu viele von ihnen in der Schweiz. Man sollte keine mehr reinlassen», sagt sie. «Die Ausländer fahren mit dicken Autos herum und nehmen den Schweizern die Jobs weg.»

Hass auf Ausländer war auch für Yvonne das Motiv, sich den «Glatzen» anzuschliessen. «Ich hatte schon mit 13 Kontakt zu der Szene», berichtet die Mutter einer 20 Monate alten Tochter. «So richtig angeschlossen habe ich mich aber, nachdem ich zwei schlimme sexuelle Erlebnisse mit Ausländern hatte.»

In der Oltner Rechtsextremen-Szene tauchte Yvonne tief in den braunen Sumpf ein. «Ich machte das volle Programm mit: kurze Haare, Bomberjacke, Springerstiefel, Lonsdale-Pulli. Dazu ein Anhänger mit dem Schriftzug „White Power“», beschreibt die Solothurnerin ihr Outfit. «Ich ging auch an Fascho-Konzerte und dachte daran, mir „White Power“ eintätowieren zu lassen.»

Janin und Yvonne waren fasziniert von der Kameradschaft unter den Rechtsextremen. «Einer für alle, alle für einen. Das galt. Und wir Frauen waren gut beschützt. Uns hätte nichts passieren können», erzählt Janin.

Beide sind heute nur noch lose mit dabei. Bei Yvonne war es ausgerechnet die Liebe zu einem Linken und dann die Geburt ihres Kindes, die zum Ausstieg führten. Und Janin findet, dass sie aus der Szene herausgewachsen ist und auch ohne Fascho-Outfit ihre Meinung vertreten kann.

VON BEAT KRAUSHAAR UND MARTIN REICHLIN

AARAU. Auffallend viele Frauen standen auf dem Rütli in den Reihen der braunen Brut. Was treibt Frauen in die rechtsextreme Szene?

Ein «Lonsdale»-Schlüsselanhänger als Erkennungszeichen, das Bahnhofrestaurant Aarau als Treffpunkt. Dort trifft BLICK Janin (20) und Yvonne (20). Die zwei jungen Frauen erklären, warum sie jahrelang in der rechtsextremen Szene verkehrten. Und bis heute deren Gedankengut teilen.

«Ich war 16 Jahre alt, als mich mein damaliger Freund in einen Nazi-Spunten in Olten mitnahm», sagt die ganz in Schwarz gekleidete Janin. «Nach und nach lernte ich dort die Leute und ihre rechtsextremen Ansichten kennen. Ich war nicht mit allem einverstanden. Aber den Hass auf Ausländer konnte ich verstehen.»

Janin erzählt, wie sie als junges Girl ständig von Ausländern angemacht wurde und diese als Sozialschmarotzer wahrnahm. «Es gibt zu viele von ihnen in der Schweiz. Man sollte keine mehr reinlassen», sagt sie. «Die Ausländer fahren mit dicken Autos herum und nehmen den Schweizern die Jobs weg.»

Hass auf Ausländer war auch für Yvonne das Motiv, sich den «Glatzen» anzuschliessen. «Ich hatte schon mit 13 Kontakt zu der Szene», berichtet die Mutter einer 20 Monate alten Tochter. «So richtig angeschlossen habe ich mich aber, nachdem ich zwei schlimme sexuelle Erlebnisse mit Ausländern hatte.»

In der Oltner Rechtsextremen-Szene tauchte Yvonne tief in den braunen Sumpf ein. «Ich machte das volle Programm mit: kurze Haare, Bomberjacke, Springerstiefel, Lonsdale-Pulli. Dazu ein Anhänger mit dem Schriftzug „White Power“», beschreibt die Solothurnerin ihr Outfit. «Ich ging auch an Fascho-Konzerte und dachte daran, mir „White Power“ eintätowieren zu lassen.»

Janin und Yvonne waren fasziniert von der Kameradschaft unter den Rechtsextremen. «Einer für alle, alle für einen. Das galt. Und wir Frauen waren gut beschützt. Uns hätte nichts passieren können», erzählt Janin.

Beide sind heute nur noch lose mit dabei. Bei Yvonne war es ausgerechnet die Liebe zu einem Linken und dann die Geburt ihres Kindes, die zum Ausstieg führten. Und Janin findet, dass sie aus der Szene herausgewachsen ist und auch ohne Fascho-Outfit ihre Meinung vertreten kann.

„Reenies“ – die rechten Frauen

Wieso heissen rechtsextreme Frauen «Reenies»?

Reenie ist der englische Ausdruck für weibliche Skinheads.

Die Reenies identifizieren sich durch ihr bestimmtes Outfit. Sie haben eine spezielle Frisur: In der Mitte des Kopfes sind die Haare ziemlich kurz rasiert, rund herum wachsen Fransen. Das ist der «Kranz».

Ansonsten tragen sie entweder Springerstiefel, Jeans und Bomberjacke oder sie pflegen die Vamp-Variante mit Mini-Rock und zerrissener Netzstrumpfhose.

Aber es gibt in der rechten Szene auch viele Frauen, die mit dem subkulturellen Outfit nichts anfangen können und völlig normal aussehen. An Anlässen wie dem 1. August auf dem Rütli demonstrieren sie ihre nationalistische Heimatliebe, indem sie mit Vorliebe T-Shirts mit dem Schweizerkreuz tragen.

Beat Kraushaar

Bettina: «In Berlin wurde mir mulmig»

FRAUENFELD. Bettina* (28) war drei Jahre lang Skinhead – eine Frau in der braunen Männerwelt. Vor fünf Jahren stieg sie aus. Heute denkt sie anders: «Die Aktion auf dem Rütli fand ich zum Kotzen.»

Die Ostschweizerin ist froh, nichts mehr mit der braunen Horde zu tun zu haben. «Das sind doch alles Mitläufer und naive Kinder.»

Bettina spricht aus eigener Erfahrung. Sie war zwanzig, als sie sich in einen Neonazi verliebte. «Da war ich halt mit dabei. Als Frau kommst du eigentlich auch nur als Anhängsel in die Szene», erzählt sie. «Es ist eine verschworene Männerbruderschaft. Da haben Frauen keine tragende Rolle.» Bettina nahm die Regeln der Gruppe an. «Du kleidest dich mit Springerstiefeln, Bomberjacke, Ben-Sherman-Hemden. Und du hörst rechtsradikale Musik.» An den Partys dröhnte «Sieg heil» aus den Boxen. Das rechte Gedankengut gehörte dazu. «Eigentlich wollte ich nur provozieren, anders sein», erklärt Bettina.

Nach drei Jahren hatte die junge Frau genug vom braunen Sumpf. «Ich fand Ausländerwitze einfach nur noch widerlich und Schlägereien mit Linksextremen nur noch dumm.» Hat sie sich selbst auch geprügelt? «Nein. Frauen machen das selten. Nur solche, die kein Selbstvertrauen haben. Sie müssen beweisen, dass sie extremer, brutaler sind.»

Den Entschluss zum Ausstieg fasste Bettina an einem ultrarechten Konzert in Berlin: «Da waren 2000 Glatzen. Sie hoben die Arme und schrien „Sieg heil“. Da war mir mulmig.» In diesem Moment musste Bettina an Hitler-Deutschland denken: «Ich konnte mir plötzlich vorstellen, welche Gefahr in einem Mob steckt.» Sie stieg aus. silvana guanziroli

*Name von der Redaktion geändert