Autor: rudolf gafner
Fenster wurden zerstört, SS- Runen und Hakenkreuze an Fassaden gekritzelt, jetzt fiel gar ein Schuss: Über solche Übergriffe auf ausländische Lokale in Biel hatder «Bund» am Mittwoch berichtet – und hierzu angemerkt, dass «die Polizei, die sonst bei jedem Küchenbrand Communiqués an alle Medien verschickt, zu dendiversen Anschlägen noch nie informiert» hat. Ähnliche Fälle gibt es auch in Bern: Als im Januar die Wohngemeinschaft Solterpolter mutmasslich vonRechtsextremisten behelligt wurde, teilte die Polizei dies nicht von sich aus mit, sondern bestätigte den Vorfall erst auf Anfrage – und als Mitte August etwa 30deutsche Neonazis vor der deutschen Botschaft in Bern eine Rudolf-Hess-Kundgebung abhielten, mussten dies die Journalisten wiederum schon selber merken.
Rund 20 voll geschriebene Rapportseiten sichtet Berns Stapo-Infochef Franz Märki jeden Tag, und obwohl er nur einen Bruchteil der Meldungen veröffentlicht,nimmt die Communiqué-Flut laufend zu: 1996 waren es 271 Mitteilungen an die Medien, heuer sind es bereits 379 – ein neuer Rekord. Märki, für offene und«medienfreundliche» Informationsarbeit bekannt, verfährt, abgesehen von polizeilichen Kriterien, recht ähnlich wie Journalisten: Er meldet, was von Interesseund öffentlicher Relevanz ist.
Information «nur wenn nötig»
Es gibt jedoch Vorfälle, die von der Polizei bewusst nicht oder nur zurückhaltend bekannt gegeben werden, obwohl sie interessieren und von öffentlicherRelevanz sein können, auch wenn niemand verletzt und keine nennenswerten Sachbeschädigungen angerichtet werden. Dies gilt sogar für im weiteren Sinnepolitische Ereignisse.
So werden nicht bewilligte Demonstrationen von Märkis Leuten «nur wenn nötig» mitgeteilt – um diesen Kräften «nicht eine zusätzliche Plattform zu bieten».Gleichfalls nur «sehr zurückhaltend» informiert die Polizei etwa über Vorfälle mit Skinheads oder anderen Hooligans bei YB- oder SCB-Matches – denn: «DieseSzene sucht Publizität», dürste nach Medienecho. Und dies, so Märki, wolle die Polizei nicht auch noch unterstützen, indem sie aktiv informiere.
Märki hat also gute Gründe für Nichtinformation, räumt aber ein, dass es andererseits nicht unproblematisch sein kann, wenn ausgerechnet Vorfälle mitpolitischen Hintergründen polizeilich unterschlagen werden – zumal die Polizei damit selber gewissermassen «politisch» handelt: «Es gibt diese Problematik»,weiss Märki – versichert aber, dass die Polizei keinesfalls parteiisch verfahre. Es sei nicht etwa so, dass primär Rechtsextremisten keine Bühne geboten werdensolle: «Ich gebe mir Mühe, alle gleich zu behandeln, ob es nun um Rechte oder um Linke geht.»
Und: Grössere Vorfälle würden ohnehin in allen Fällen mitgeteilt. «Gröbere Ausschreitungen geben wir selbstverständlich von uns aus bekannt», versprichtFranz Märki.