1. August Die Idee von Calmy-Rey und Egerszegi stösst auf grossen Widerstand
Eine Rütlifeier für Frauen wird im Parlament weitherum abgelehnt. Mit einem Schwingfest und einem Gottesdienst stehen dafür schon wieder neue Ideen zur Debatte.
daniel friedli
«Ich habe ja nichts gegen Frauen, aber ich sehe für eine solche Feier schlicht keinen Anlass.» FDP-Nationalrat Edi Engelberger redet Klartext, wenn er auf die Idee angesprochen wird, aus der diesjährigen 1.-August-Feier auf dem Rütli einen Frauentag zu machen. Dass mit Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey und Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi derzeit zwei Frauen die höchsten Positionen im Bundeshaus bekleiden, darf für ihn kein Grund sein, den 1. August umzuwidmen. Engelbergers Worte haben Gewicht, da er als Mitglied der Rütlikommission heute über den Vorschlag mitentscheiden wird. Dabei wird der Nidwaldner auch die Sicherheit im Auge behalten. Dass eine Frauenfeier weniger Rechtsextreme und Störenfriede anzieht und darum ein kleineres Sicherheitsdispositiv erlaubt, glaubt er nicht – im Gegenteil. «Ich befürchte, dass Calmy-Rey wegen ihrer umstrittenen Aussenpolitik speziell ausgepfiffen wird.» Ähnlich sieht es der Urner Ständerat Hansheiri Inderkum (CVP), dessen Kanton jeweils einen Teil der Sicherheitskosten berappen muss. Eine Frauenfeier könnte unnötigerweise wieder provozieren, mahnt er. «Das verrät wenig Fingerspitzengefühl.»
Mehr Kritik als Verständnis
Mit ihrer Kritik sind Engelberger und Inderkum bei weitem nicht allein. Quer durch die Parteien äussern Parlamentarier Skepsis, und nicht nur die Männer. CVP-Nationalrätin Elvira Bader (SO) meint, eine Frauenfeier würde zu sehr polarisieren. «Das fände ich für das Rütli schade.» Skeptisch ist auch die Zürcher Freisinnige Trix Heberlein: «Die Bundesfeier ist nicht primär eine Frauenfeier.» Und die Berner Nationalrätin Franziska Teuscher (Grüne) befürchtet, dass einem Frauentag bloss Symbolwert zukommen wird. Wenn schon ein solcher Anlass organisiert werde, dann müsse er mit konkreten Gleichstellungsforderungen verbunden werden.
Am besten ist die Idee noch bei der Bernerin Ursula Haller angekommen. Sie findet den Vorschlag nicht schlecht, sofern «im Schlepptau» auch die Männer auf die Rütliwiese gelassen werden. Gar nichts davon wissen will hingegen ihr Parteikollege Chris toph Mörgeli (ZH): «Das ist eine miserable Idee. Mit einer solchen Ausgrenzungsaktion ist weder dem Land noch den Frauen gedient», poltert er.
Jahrmarkt der Ideen
Calmy-Rey und Egerszegi haben mit ihrer Idee aber nicht nur Kritik ausgelöst, sondern einen regelrechten Wettstreit der Ideen in Gang gesetzt. Elvira Bader beispielsweise möchte am 1. August auf dem Rütli einen ökumenischen Feldgottesdienst abhalten. Auf diese Weise, so Bader, liessen sich die Rechtsextremen sicher von der Rütliwiese fern halten. «Diese Leute fürchten Gottesdienste wie der Teufel das Weihwasser.» Bader hat ihre Idee im Namen der rund 60-köpfigen Parlamentariergruppe «Vision für die Schweiz» bereits brieflich der Rütlikommission schmackhaft gemacht. Kommissionspräsidentin Judith Stamm habe signalisiert, dass auch dieser Vorschlag geprüft werde. Die Idee hat allerdings einen Haken: Der Gottesdienst würde sich nur an Chris ten richten, die Gläubigen anderer Religionen blieben aussen vor.
Weniger besinnliche Pläne hegen derweil zwei Mitglieder des Urner Schwingerverbands. Sie möchten zum Geburtstag der Schweiz an deren Wiege ein urchiges Schwingfest veranstalten, mit Festwirtschaft und einer patriotischen Ansprache. Für die Urner Nationalrätin Gabi Huber (FDP) könnte dies durchaus einmal eine Alternative sein.
Rückkehr zur Ruhe
Wenig Freude an diesem Jekami hat Rütlikommissionsmitglied Engelberger: «Wir haben vom Schwingfest über das Jodlerfest bis zum Volksmusikfest schon alle Vorschläge rollend diskutiert», stöhnt er. Engelberger sehnt sich nach einer Rückkehr zur früheren Tradition einer ruhigen und dem Rütli würdigen Feier – ohne Rednerprominenz, ohne Ticketsystem und ohne millionenschweren Sicherheitsaufwand.
Urner Regierung bewilligt Gesuch für Rütlifeier
Die Urner Regierung hat die von der Rütlikommission geplante 1.-August-Feier 2007 mit Auflagen bewilligt. Um Ruhe und Sicherheit zu garantieren, will die Regierung eine klare Aufgabenteilung, wie die Standeskanzlei gestern mitteilte. Der Kanton Uri soll für die öffentliche Ordnung und die Sicherheit sorgen, die Rütlikommission dafür die Verantwortung für die Organisation der Feier und die Durchführung der Zutrittskontrollen übernehmen. Das bewilligte Gesuch sieht eine traditionelle 1.-August-Feier mit Musik und Reden vor. Nicht gesprochen hat der Regierungsrat über die Idee, dieses Jahr auf dem Rütli eine Frauenfeier durchzuführen. Falls die Organisatoren die Feier in dieser besonderen Form durchführen wollten, müssten sie ein neues Gesuch unterbreiten. Die Idee, die von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi stammt, wird heute Mittwoch von der Rütlikommission diskutiert.