Wird sich der Trauermarsch der Neonazis vom letzten Jahr wiederholen? Die Linke behauptet, in den Tagen um den 5. Juli werde sich die rechte Szene erneut in Burgdorf versammeln. Die Stadt ist wachsam.
Die Mail, die gestern an die Behörden von Burgdorf und an die Medien ging, malt schwarz. Es sei «fast schon» zur Tradition geworden, dass sich die rechte Szene in den Tagen um den 5. Juli herum zu einem Marsch zum Gedenken an einen der Ihren in der Emmestadt treffe. «Jeweils 80 bis 100 Naziskins zogen durch die Stadt und konnten so unter dem Deckmantel eines Trauerumzuges ihre faschistische Gesinnung zur Schau stellen», so das anonyme, wohl aus linker Feder stammende Schreiben weiter.
Ziel «nicht völlig erreicht»
Tradition? Mitnichten, wie ein Blick ins Internet zeigt. Zwar wird hier im Umfeld der rechts gesinnten Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) tatsächlich von einem Marsch hin zum Burgdorfer Friedhof berichtet, der am 5. Juli 2003 stattgefunden hat. Auf der gleichen Seite steht aber auch, dass der junge Mann, um den getrauert wurde, erst im Jahr zuvor «einem tragischen Autounfall» zum Opfer gefallen war. Der letztjährige Umzug war demzufolge der erste und bisher einzige seiner Art.
Der junge Mann muss in der rechten Szene hoch angesehen gewesen sein. Voller Ehrfurcht erinnert die Internetseite an die Rede, die «ein Freund des Verunglückten» am Grab gehalten hat, «um den Anwesenden vor Augen zu führen, wer er war und wofür er stand». Den Anlass bezeichnet der Bericht als «sehr gelungen» – wenn da «der Wachhund der Demokratie» nicht gewesen wäre: «Ihren fehlenden Respekt vor dem schrecklichen Schicksal eines politischen Gegenspielers bewies die örtliche Antifa noch am selben Abend bei einer lächerlichen Gegendemonstration.»
Die Gegenseite sieht die Sache naturgemäss anders. So lobt sie den eigenen Aufmarsch als «kleine, friedliche, aber sehr laute Gegendemonstration» und legitimiert sie damit, «dass Neonazi-Aufmärsche, unter welchen Vorwänden auch immer, nicht geduldet werden». Die Antifa-Website kommt nicht um eine bedauernde Feststellung herum: «Leider» sei die Stadt zur Zeit der Gegendemo «quasi menschenleer» gewesen, «womit das Ziel nicht völlig erreicht wurde».
Kaum Notiz genommen
Wie auch immer, zu Scharmützeln, wie sie zwischen den Gruppierungen schon vermehrt vorgekommen sind, kam es für einmal nicht. So kommt es, dass auf der Stadtverwaltung von den Ereignissen des 5. Juli 2003 kaum jemand Notiz genommen hat. Und wie wird es heuer sein, wenn sich die rechte Szene tatsächlich wieder zu einem Marsch sammeln sollte? «Wir sind froh um den Hinweis und werden sicher wachsam sein», erklärt Paul Moser, der neue Chef im Bereich öffentliche Sicherheit.