An der Oberstufe Roggwil seien Schweizer Kreuze unerwünscht, berichteten lokale Medien. Das stimme nicht, konterten die Behörden. Anderswo gab es Schweizer-Kreuz-Verbote.
Von Thomas Knellwolf, Roggwil BE
Eines fiel gestern an der Roggwiler Oberstufe auf: Viele Schülerinnen und Schüler trugen rote T-Shirts mit einem weissem Kreuz. Als wollten sie auf dem Pausenplatz beweisen, was die Gemeindevertreter an einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Schulhaus erklärten. «Es besteht an der Roggwiler Schule keine Bestimmung, nach welcher das Tragen solcher Bekleidungsgegenstände verboten ist», sagte Schulvorstand Fredy Lindegger.
Die «Berner Zeitung» hatte mit einem Bericht über eine angebliche Verbannung schweizerischer Symbole vom Roggwiler Schulgelände Staub aufgewirbelt. Sie berief sich auf eine nicht namentlich genannte Mutter eines Schülers, dem der Lehrer das Tragen eines Schweizer Kreuzes untersagt habe.
Früher rechtsextreme Schüler
Alle 22 Lehrkräfte der Roggwiler Oberstufe beteuerten indes gegenüber der Schulleitung, nie ein solches Verbot ausgesprochen zu haben. Die Behörden vermuten, dass ein Missverständnis entstanden sei, als zwei Klassen «provozierende Kleider» im Unterricht thematisierten. Dabei sei es um knappe Mädchen-Outfits und Militäruniform-Stücke gegangen, welche die Schulordnung verbietet.
Schulleiter Christof von Arx sagte: «An unserer Schule ist es, abgesehen von üblichen Auseinandersetzungen, ruhig – verglichen mit früheren Jahren sehr ruhig.» Früher hatten Jugendliche mit grossen Sympathien für Nazi-Ideen an der Oberstufe Radau gemacht; heute gehören einige von ihnen zum Hauptharst der im Oberaargau starken rechtsextremen Partei Pnos. Bei den Gemeindewahlen in eineinhalb Wochen treten sie in Roggwil erstmals an.
Falschmeldungen über Kreuzverbote
Bisweilen schaffen es Falschmeldungen über Schweizer-Kreuz-Verbote, wie sie die rechte Szene kolportiert, in die Medien. So berichtete Tele Tell vor zwei Jahren über ein Verbot von Schweiz-T-Shirts an einer Abschlussfeier, das es nicht gab. Allerdings erregen auch immer wieder Berichte über tatsächliche Verbote die Gemüter: So hatte vor drei Jahren eine Schule in Wollerau SZ Schweiz-Leibchen verboten, weil damit Jugendliche ausländische Klassenkameraden provozierten.
Nicht so einseitig reagierte vor zehn Monaten eine Aargauer Schule. In Istanbul war es nach der Schweizer WM-Qualifikation zur berüchtigten Schlägerei im Kabinengang gekommen. Darauf untersagte die Kreisschule Mittleres Wynental mit einem Brief an die Eltern für sechs Tage «das Tragen von nationalen Symbolen (Fahnen, T-Shirts, Halstücher)». Auf dem Aargauer Pausenplatz wollten Anhänger beider Teams die Taten ihrer handgreiflich gewordenen Vorbilder nachahmen.
Gelassen gaben sich gestern die Jugendlichen vor der Roggwiler Oberstufe. «Ich verstehe die Aufregung nicht», sagte einer mit grossem Schweizer kreuz. «In der Klasse haben wir auch Jugoslawen – und mich stört es nicht, wenn sie T-Shirts ihrer Nationalmannschaften tragen.»