LUGANO – Geheimdienste vermuten: Ein Teil von Bin Ladens Millionen floss über eine Finanzierungsgesellschaft in Lugano. Im Verwaltungsrat: der Berner Ahmed Huber (74), Journalist und Islam-Fundamentalist. Er kennt Bin Ladens Leute – und schwärmt von ihnen, sie seien «diskret, hochintelligent und gebildet».
«Al Taqwa» heisst das Institut, übersetzt «Gottesfurcht». Der Hauptsitz liegt in Panama, ein Ableger mit zwei Verwaltern und zwei Sekretärinnen in Lugano. Bereits vor drei Jahren wurde die Bundespolizei auf die «Taqwa» aufmerksam. Denn laut dem französischen Spionagefachdienst «Medintelligence» fliesst ein Teil von Bin Ladens Millionen aus Kuwait und aus den Aarbischen Emiraten an die «Taqwa» in Lugano und dann weiter an ihren Bestimmungsort.
Urs von Daeniken, Chef des Dienstes für Analyse und Prävention (DAP, ehemalige Bundespolizei), bestätigt: «Wir befassen uns seit Jahren intensiv mit dieser Bank, weil es immer wieder Verdachtsmomente gab.» Doch eine Verbindung zu Bin Laden sei nie feststellbar gewesen.
Nach BLICK-Recherchen ist der Inhaber der Finanzierungsgesellschaft Mitglied der ägyptischen «Moslem Bruderschaft». Eine Organisation, die zwar islamisch-fundamentalistisch ist, der aber bisher keine Terrorakte nachgewiesen werden konnten.
Das sind die «Taqwa»-Akteure in der Schweiz: Verwaltungsratspräsident Mohamed Mansour (73) aus Küsnacht ZH ist emeritierter ETH-Professor für Automatik. Der Schweizer stammt aus einer angesehenen ägyptischen Familie.
Geschäftsführer Youssef Nada wohnt im italienischen Campione am Luganersee. Am Telefon sagt er nur «ich bin nicht vorbereitet auf eine Gespräch» – und hängt auf.
Im Verwaltungsrat sitzt als «Albert F. A. Huber» der Berner Islam-Fundamentalist Ahmed Huber (74), ehemaliger Bundeshaus-Journalist, der seine Stelle verlor, weil er den Mordaufruf gegen den Schriftsteller Salman Rushdie öffentlich verteidigte. Kürzlich hielt er einen Vortrag zum Thema «Die Lüge im Judentum».
Huber verurteilt zwar, dass bei den Terror-Anschlägen unschuldige Menschen getötet wurden. Doch er bezeichnet die Attentate als «Gegen-Terror» und feierte die Anschläge am Dienstagabend in einer Landbeiz mit «jungen Patrioten, die als Rechtsextreme bezeichnet werden». Für Huber waren die Türme des World Trade Centers «Türme der Gottlosigkeit» und das Pentagon «ein Symbol des Satans». An einer islamischen Konferenz in Beirut hat Huber Bin Ladens Kader kennen gelernt: «Das sind sehr diskrete, gebildete, hochintelligente Leute – eine ganz andere Qualität als früher», schwärmt er.
Trotzdem: Huber will nichts von den Geheimdienst-Vorwürfen wissen, dass Bin Laden Geld über die «Taqwa» verschiebe: «Blödsinn, wir sind zwar auch eine Bank, aber wir leisten vor allem Entwicklungshilfe, zum Beispiel in der Landwirtschaft oder Bildung. Sogar die Königsfamilien aus Saudi-Arabien und aus den Emiraten spenden uns Geld.» Was genau das für Projekte sind, weiss er nicht. Mit Terror-Organisationen arbeite «Taqwa» aber nicht zusammen: «Auch wenn wir die USA und Israel nicht gern haben – doch das ist ja unser gutes Recht.»
Interessant: Die Geheimdienste wissen, dass Bin Ladens Organisation «Al-Qaida» zahlreiche Hilfswerke und arabische Gemeinschaften im Westen unterwandert hat. Sie bezieht Gelder von muslimischen Hilfswerken, besitzt Agrarbetriebe und ein weit verzweigtes Netz von Finanzhäusern.