Verteidiger fordert 15 Jahre Zuchthaus

BernerZeitung

Im Mordprozess von Unterseen hat der Verteidiger des Hauptangeklagten für seinen Mandanten am Freitag eine Zuchthausstrafe von 15 Jahren gefordert. Der Staatsanwalt hatte eine lebenslängliche Strafe beantragt.Das Verhalten des 25-jährigen Hauptangeklagten sei nicht zu beschönigen, sondern «verwerflich und verabscheuungswürdig», sagte der Verteidiger zu Beginn des fünften Prozesstages vor dem in Bern tagenden Kreisgericht Interlaken-Oberhasli.

Halbwüchsiger Träumer

Zum Zeitpunkt der Tat im Januar 2001 sei sein Mandant noch ein «halbwüchsiger Träumer» gewesen. Anders seien seine Vorstellungen, eine mächtige, überregionale Untergrundarmee zum Schutze der arischen Rasse ins Leben zu rufen, nicht erklärbar. Dies müsse bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Der Verteidiger zweifelte einmal mehr die Objektivität des psychiatrischen Gutachtens an. «Es findet sich darin keine Stelle, die zu Gunsten des Angeklagten ausgelegt werden kann.» Der deutsche Experte habe sich zu stark von den politischen Einstellungen seines Mandanten beeinflussen lassen, begründete er.

Bereits am Donnerstag hatte das Gericht seinen Antrag, neue Expertisen anfertigen zu lassen, abgewiesen. In den Gutachten wird den geständigen Tätern vollständige Zurechnungsfähigkeit attestiert. Sie sind damit voll schuldfähig.

Als Nebenstrafe beantragte der Verteidiger eine sozialpädagogische Massnahme für den 25-jährigen Hauptangeklagten. Keine Differenzen zur Staatsanwaltschaft gab es bei den zu ahndenden Straftatbeständen: Sie lauten auf Mord, unvollendet versuchten Mord sowie strafbare Vorbereitungshandlungen zu einem Mord.

Für die beiden Mitangeklagten, zwei 24-jährige Männer, beantragten die Verteidiger je 12 Jahre Zuchthaus. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer am Donnerstag je eine Zuchthausstrafe von 18 Jahren gefordert.

Angst vor einem Ausstieg

Uneinigkeit zwischen den drei Verteidigern herrschte im Punkt der Gruppenhierarchie im «Orden der arischen Ritter», dem Täter und Opfer angehörten. Der Anwalt des Hauptangeklagten machte keine Hierarchie aus. Es sei eine sukzessive Entwicklung gewesen. Eine eigentliche Rangordnung habe es nicht gegeben. «Die Tötung wurde gemeinsam beschlossen. Es hätte jeder dagegen opponieren können.»

Etwas anders beurteilten seine beiden Kollegen die Angelegenheit. Ihre Mandanten hätten grossen Respekt, ja teilweise sogar Angst vor dem Hauptangeklagten, dem Chef der Gruppe, gehabt. Sie befürchteten, dass sie bei einem Ausstieg ein ähnliches Schicksal wie das Opfer ereilen könnte.

In ihrem letzten Wort entschuldigten sich die drei Angeklagten sowohl bei den Angehörigen des Opfers als auch bei den eigenen Familien. Alle drei gaben zu Protokoll, dass sie die Tat bereuen würden. Leider sei es nicht möglich, das Geschehene rückgängig zu machen.

Die drei Männer, die seit Montag vor Gericht stehen, hatten am 27. Januar 2001 in Unterseen bei Interlaken ihren 19-jährigen Kollegen umgebracht. Mit dem Opfer und einem weiteren, bereits verurteilten Mittäter hatten sie den «Orden der arischen Ritter» gebildet. Das Opfer verstiess nach Aussagen der Täter gegen ein Schweigegebot des Ordens. Das Urteil wird am 29. März eröffnet.