Die Wochenzeitung
«Dem Ochs ins Horn gepetzt», sagt man in meiner saarländischen Heimat, wenn es völlig sinnlos scheint, einem Menschen, der sowieso nie zuhört, etwas erklären zu wollen. Vom «Petzen», im Dialekt für «Zwicken» oder «Kneifen», merkt der Ochs dort ja nichts. Angesichts der Argumentationsketten, derer sich manche jetzt beim Thema Rassismus bedienen, fällt mir immer dieser unbeirrte Ochs ein – und meine Hoffnungslosigkeit wächst.
Was verstehen solche Leute eigentlich unter «rassistisch»? Zum Beispiel die SVP-Nationalrätin, die beteuert, in ihrer Partei gebe es keine Rassisten, oder ihr Kollege, der weiss, dass da bloss was aus den USA eingeschleppt wird. Und jene, die den «Mohrenkopf» jetzt als letzte Bastion helvetischer Identität verteidigen und dem Herrn Dubler im heroischen Kampf Solidaritätsschaumküsse abkaufen. Denken sie alle, «der Rassist» komme immer mit Glatze, Baseballschläger und Hakenkreuztattoo des Weges?
Aber auch, wer den «Mohr» – den Bildungsbürger hervorkehrend – etymologisch von den Mauren ableitet, nervt: Die Mohren hätten ja mit amerikanischen Sklaven gar nichts gemein, sondern seien schwarze Diener an europäischen Fürstenhöfen gewesen. Wie der Journalist, der im «Tages-Anzeiger» zum Schluss kam, der Protest richte sich «gegen ein Wort, das aus dem Sprachgebrauch vollkommen verschwunden ist und deshalb im Alltag auch niemanden kränken kann». Dieser Logik folgend, dürfte es den Herrn Redaktor auch nicht kränken, wenn ich ihm ein veraltetes Schiefmaul, Saufgurgel oder Schielbock anwürfe.
Rassismus zeigt sich übrigens auch dort, wo man keine Flüchtenden ins Land lassen will. Denn, wie kürzlich jemand befand, blonde, blauäugige Menschen hätte man sicher nicht zu Tausenden im Mittelmeer ertrinken lassen. kho