Verfassung erlaubt ein absolutes Demonstrationsverbot

TagesAnzeiger

Ein absolutes Demonstrations- verbot am 1. August in Brunnen war laut Bundesgericht die «einzige Möglichkeit, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten».

Von Thomas Hasler

Lausanne. – Die Schwyzer Behörden haben die «antifaschistische Platzkundgebung mit multikulturellem Strassenfest» am 1. August dieses Jahres in Brunnen zu Recht nicht bewilligt: Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Organisators, des Berner Rechtsanwalts Daniele Jenni, abgewiesen, wie es am Montag bekannt gab. Jenni hatte mit einem linken «Bündnis für ein buntes Brunnen» einen Gegenpol zu den rechtsextremen Aufmärschen der letzten Jahre setzen wollen.

Laut Bundesgericht bestand die Gefahr, dass rechtsextreme Kreise gewaltsam gegen die Kundgebung des Bündnisses vorgegangen wären. Die Behörden wären zwar «verpflichtet», das Linksbündnis «vor der befürchteten Fremdeinwirkung zu schützen». Allerdings seien die Mittel zur Gewährung dieses Schutzes begrenzt. Ob die öffentliche Sicherheit gewährleistet werden könne, hänge von der allgemeinen Lagebeurteilung sowie den konkreten Umständen und Verhältnissen ab.

In diesem Fall habe nicht nur die konkrete Gefahr gewaltsamer Zusammenstösse in den sehr engen örtlichen Verhältnissen von Brunnen bestanden. Es komme noch hinzu, dass sich am Nationalfeiertag Tausende von Unbeteiligten in Brunnen aufgehalten hätten. Zudem habe das Bündnis keine Gewähr übernehmen können, dass sich seine Teilnehmer bei einer Konfrontation mit Rechtsextremen «nicht zu Gewalttätigkeiten hinreissen lassen könnten». Die Organisatoren seien auch nicht bereit und in der Lage gewesen, einen eigenen Sicherheitsdienst aufzuziehen.

Deshalb hätten die Behörden den drohenden Polizeieinsatz zu Recht als «äusserst problematisch eingeschätzt». Eine Behörde dürfe ein absolutes Verbot politischer Manifestationen in Betracht ziehen – und zwar dann, wenn «die Gefahr von konkreten und ernsthaften, auch durch den massiven Einsatz von Polizeikräften nicht zügelbaren Auseinandersetzungen mit gewaltsamen Tumulten und Gefahren für Leib und Leben Dritter» drohe. Das sei mit der Verfassung vereinbar.

Verwaltungsgericht korrigiert

Obwohl das Bundesgericht die Beschwerde abwies, korrigierte es in diversen Punkten das Schwyzer Verwaltungsgericht. So darf es bei der Prüfung einer Bewilligung nicht darauf ankommen, ob der Gesuchsteller eine spezifische Beziehung zum Kundgebungsort hat. «Der Anspruch auf Durchführung einer Kundgebung ist nicht Einheimischen reserviert.» Es sei auch nicht zulässig, eine Demonstration am Nationalfeiertag von vornherein auszuschliessen. Schliesslich widersprachen die Lausanner Richter auch der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach eine Kundgebung gegen Rechtsextreme gegenstandslos werde, wenn die Behörden den Aufmarsch von Rechtsextremen verhinderten. Dem Anliegen, einen Gegenpol zu Rechtsextremen zu setzen, könne «die Berechtigung nicht abgesprochen werden». Es sei «grundsätzlich nicht Sache der Behörde, die von Kundgebungen vermittelten Auffassungen und Anliegen zu bewerten», hielt das Gericht fest.

Daniele Jenni kritisierte das Lausanner Urteil. Der «kleine Ausnahmezustand» werde zum «Vorwand für Freiheitsbeschränkungen». Das Bündnis werde sich dadurch nicht hindern lassen, faschistischen Umtrieben entgegenzutreten, notfalls auch ohne Bewilligung.