Verbot auf Vorrat

Gebrannte Kinder scheuen bekanntlich das Feuer.Die St.Galler Kantonspolizei ist in Sachen Rechtsrockkonzerte nach denVeranstaltungen in Unterwasser und Kaltbrunn im vergangenen Herbstsensibilisiert. Wohl auch deshalb haben die Behörden ein für denkommenden Samstag in der Schweiz von der Partei national orientierterSchweizer (Pnos) angekündigtes Konzert verboten. Dabei stützt sich diePolizei auf die polizeiliche Generalklausel, worin der Grundauftrag derPolizei geregelt ist: Für Ruhe, Ordnung und Sicherheit sorgen. «Beirechts- oder linksextremen Veranstaltungen muss immer damit gerechnetwerden, dass die jeweilige Gegenseite Demonstranten mobilisiert und eszu Ausschreitungen kommt», sagt Polizeisprecher Andrea Rezzoli. Sobildete sich im Oktober, als die Pnos in Kaltbrunn ein Konzertveranstaltete, eine linke Gegendemonstration am Bahnhof Rapperswil.

Es gibt Hinweise auf geplante Störaktionen

«Die polizeiliche Generalklausel hat sich alseinfache und schnelle Lösung herausgestellt», so Rezzoli. Zudem sei diePolizei vorbereitet, sollte das Konzert trotz Verbots im Kanton über die Bühne gehen. Auch der St.Galler Sicherheitsdirektor hält dieGeneralklausel für ein adäquates Instrument. Er begründet dasvorsorgliche Verbot in zweierlei Hinsicht: «Erstens wird mit einemAnlass mit mehreren hundert Teilnehmern gerechnet. Es ist gut möglich,dass gegnerische Organisationen versuchen werden, den Anlass zu stören.Und zweitens ist damit zu rechnen, dass die Teilnehmer Parkmöglichkeiten im öffentlichen Raum beanspruchen werden, wofür bis jetzt keineBewilligung beantragt wurde.»

Auch bei der Kantonspolizei Thurgau ist dergeplante Anlass auf dem Radar. «Es gibt Hin­weise, dass Störaktionengegen den Anlass geplant sind», bestätigt Mediensprecher Andy Theler auf Anfrage. «Für den Fall, dass das Konzert im Thurgau durchgeführt werden soll, treffen wir geeignete Massnahmen, um die öffentliche Sicherheitund Ordnung zu gewährleisten.»

Auf die Veranstaltung am kommenden Samstag machtedie Pnos mit einem Flyer im Internet schon vor Weihnachten aufmerksam.Unter anderem soll der deutsche Rechtsrapper «MaKss Damage» auftreten,der bereits in Unterwasser gespielt hat. Er ist in Deutschland aufgrundeines seiner Lieder wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Im Songtext steckt er «das Zeckenpack in den nächsten Zug nach …wald». «Wir hattenvon der Vorstrafe des Rappers keine Kenntnis», sagt Dominic Lüthard,Präsident der Pnos Schweiz. Er habe sich die aktuelle CD des Musikersan­gehört und keine rassistischen Äusserungen feststellen können. Nebst«MaKss Damage» sind auf dem Konzertflyer die italienische Band «Bronson» sowie die Schweizer Gruppe «Gixu und die Eidgenossen» aufgeführt. Hierwird Lüthard selbst mitspielen – der frühere Sänger der Rechtsrockband«Indiziert» hört auf den Spitznamen «Gixu». Ob gegen «MaKss Damage» oder die Mitglieder von «Bronson» eine Einreisesperre verhängt wurde,ist noch offen. Das Fedpol kommentiert die Angelegenheit nicht.

Aus Sicht von Pnos-Präsident Lüthard hat dasKonzertverbot der Kantonspolizei «weder Hand noch Fuss». «Wenn man sichbei jeder Veranstaltung auf die ­öffentliche Ordnung beruft,müsste man alle Fussballspiele verbieten. Unsere Partei hält sich an die rechtsstaatlichen Prin­zipien», sagt er. Der Pnos-Präsident lässt sichvon der Verfügung «nicht beeindrucken». «Wir führen das Konzert durch,wo immer wir es geplant haben. Das kann auch im Kanton St.Gallen sein.»Zudem hat die Pnos auf ihrer Facebook-Seite angekündigt, ge­gen denEntscheid der St.Galler Kantonspolizei zu klagen. Das Konzert verkauftdie Pnos als Un­terstützungsanlass für ein Parteihaus. «Wir wollenselbst eine Liegenschaft bauen oder kaufen und werden 2018 Pläne dazuvor­legen», sagt Lüthard. Das Parteihaus soll gemäss dem PräsidentenBüros, Schlafräume sowie ­einen grösseren Saal für Konzerte unter einemDach vereinen.

Anders als im vergangenen Oktober in Kaltbrunnwerten die St.Galler Behörden den aktuell geplanten Anlass nicht alsprivaten Parteianlass, sondern als ­öffentliches Rockkonzert, das dieöffentliche Sicherheit gefährden könnte. Deshalb unterstütztder St.Galler Sicherheitsdirektor Fredy Fässler das vorsorglicheVerbot der Kantonspolizei, seitens derer man ihm bestätigt hat, dass sie «willens sei, das Konzert zu verhindern.»

Sowohl die SP- als auch die CVP-GLP-Fraktionhatten nach den Anlässen in Unterwasser und Kaltbrunn Vorstösse imKantonsparlament eingereicht. Beide Fraktionen begrüssen nun daspolizeiliche Verbot. «Wir wollen hier keine weiteren Neonazi­konzerte»,sagt SP-Präsident Max Lemmenmeier. «Es ist richtig, sich hier auf dieGeneralklausel zu stützen. Damit ergibt sich die Möglichkeit, im Falleeiner Durchführung des Anlasses entsprechende Strafverfahren zu­eröffnen.» Die Generalklausel sei momentan der einzige Weg, sagtCVP-Kantonsrat Andy Widmer. «Wir müssen die Sache in den Griff bekommen. Wenn das Theater weitergeht, haben wir irgendwann ein gröberes Problemmit politischen Extremisten.» Sowohl die Sozialdemokraten als auch dieCVP-GLP-Fraktion sind allerdings der Ansicht, dass gesetz­geberisch vorallem auf Bundesebene etwas geschehen müsse.

«Wir führen das Konzert durch, wo immer wir es geplant haben.»

Dominic Lüthard

Pnos-Präsident