«Unheilige Allianz funktionierte diesmal nicht»
Die unheilige Allianz zwischen Medien und Rechtsextremismus im Zusammenhang mit der Rütlifeier funktionierte in diesem Jahr nicht. Es gebe jetzt ein Vakuum, das die Rütlikommission stärker mit In- halten füllen könnte, sagt Kurt Imhof, Professor für Soziologie an der Universität Zürich.
Sie beschäftigen sich seit Jahren mit den Themen Rechtsextremismus und Medien. Was waren Ihre Eindrücke als Besucher der Bundesfeier auf dem Rütli?
Kurt Imhof:Es war eine sehr friedliche, konventionelle 1.-August-Feier mit aufwendigen Vorbereitungen und einem erstaunlichen Dispositiv von Seiten der Polizei.
Für die Anschlussberichterstattung in den Medien gibt das Thema Rechtsextremismus diesmal nicht allzu viel her. Es war zu ruhig auf dem Rütli . . .
Rechtsextremismus war indirekt das zentrale Thema bei den Besuchern und bei den Medien. Weil die Medien auf etwas gewartet haben, das nicht eingetroffen ist, hat sich die Berichterstattung auf das Dispositiv der Polizei verschoben. Der Inhalt der Rütlifeier hat auch dieses Jahr etwas gelitten, obwohl die Ansprache des Hauptredners besser herübergekommen ist als in den Vorjahren.
Gab es auch dieses Jahr Medien, die als Antreiber beim Thema Rechtsextremismus gewirkt haben?
In der Vergangenheit kam es jeweils zu einem Spiel mit drei Akteuren: Auf der einen Seite stand die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) beziehungsweise die Rütlikommission, die ein Scheitern der Rütlifeier zu verhindern suchte. Auf der andern Seite die Rechtsextremen, die das Rütli als Bühne benutzten, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erlangen. Dritte im Bunde waren die Medien, die exakt auf dieses Thema fokussierten, allen voran der «Blick» im Jahr 2000. Das Spiel hat in diesem Jahr nicht mehr funktioniert. Das war wichtig, weil mittlerweile auch die internationalen Medien verstärkt auf das Thema aufmerksam geworden sind. Das unterbricht den Teufelskreis. Der hohe Aufwand, den man betrieben hat, war notwendig.
Welche Themen standen im Vorfeld der Rütlifeier im Mittelpunkt?
Das Dispositiv der Polizei stand im Vordergrund und gleichzeitig die Erwartung, wie weit es den Rechtsextremen gelingen würde, trotzdem aufs Rütli zu gelangen. Ob der Hauptredner Markus Rauh eine gute Wahl war oder nicht, war ein marginales Thema. Die Kritik an den Medien als Bühne für Rechtsextremismus gab es nicht.
Warum waren die Medien in diesem Jahr zurückhaltender?
Die SGG hat im Vorfeld auf dieses Spiel hingewiesen. Im Rahmen ihrer Pressekonferenz wies sie klar darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen Medienpräsenz und Rechtsextremen gibt und dass man diese unheilige Allianz zwischen Medien und Rechtsextremen reflektieren sollte.
Haben sich die Medien Selbstzensur oder Zurückhaltung auferlegt?
Ich würde es nicht Selbstzensur oder Zurückhaltung nennen. Die Medien haben die Problematik selber reflektiert und auch den Aspekt der unheiligen Allianz mit befürchtet. Diese Allianz funktionierte diesmal nicht. Die Medien wollten nicht eine nochmalige Wiederauflage der grossen Bühne für die Rechtsextremen wie im Jahre 2000. Sie fürchteten auch, dass sie selber in die Kritik geraten könnten.
Die Kosten für den Sicherheitsaufwand in der Höhe von einer Million Franken waren kaum ein Thema.
Das trifft zu.
Wird sich die Berichterstattung über die Rütlifeier verändern?
Die Hauptsorge der Rütlikommission, ein möglicher Auftritt der Rechtsextremen, entfällt nunmehr. Die Rütlifeier könnte in der Bedeutung wieder sinken. Es entsteht ein Vakuum, das die Rütlikommission stärker mit Inhalten füllen könnte. Denkbar wäre beispielsweise, dass jährlich ein anderer Kanton die Inhalte bestimmt und die Organisation übernimmt.
Festgenommene wieder auf freiem Fuss
Brunnen, 2. Aug. (sda) Die 40 Personen, die am 1. August in Brunnen festgenommen worden waren, sind gleichentags wieder entlassen worden. Sie waren angehalten worden, weil sie die Wegweisungsverfügung der Polizei nicht befolgt hatten.
Wie das Zentralschweizer Polizeikonkordat am Mittwoch mitteilte, wurden von den 40 Personen 30 Männer und 3 Frauen der rechtsextremen Szene zugeordnet. Sie wohnen in den Kantonen Waadt und Freiburg. 6 Männer und eine Frau stehen der linken Szene nahe; sie stammen aus den Kantonen Solothurn, Zug und Schwyz. Die Weggewiesenen waren zwischen 16 und 29 Jahre alt. Die Jugendlichen wurden bei der Entlassung von den Eltern abgeholt.