Terror «im Bereich des Möglichen»

BaslerZeitung

Terror «im Bereich des Möglichen»

Staatsschützer zeichnen in ihrem neusten Rapport eine diffuse Bedrohungslage

MARTIN FURRER

Das Bundesamt für Polizei bleibt in seiner Analyse zur inneren Sicherheit der Schweiz 2005 traditionell unverbindlich.

Regelmässig präsentieren die Staatsschützer des Dienstes für Analyse und Prävention im Bundesamt für Polizei (Fedpol) der Öffentlichkeit einen Bericht über die «innere Sicherheit der Schweiz». Regelmässig zeichnen sie darin ein diffuses Bild der Bedrohungslage; und regelmässig treten sie als warnende, zugleich beruhigende Instanz auf, die ihre Ausführungen am liebsten in den Konjunktiv setzt.

Im Editorial zum Bericht 2001 sprach Fedpol-Direktor Jean-Luc Vez von einer «Gesamtschau», 2002 von einer «gewichteten Situationsaufnahme», 2003 von einem «differenzierten Lagebild», 2004 von einem «umfassenden Bild der Bedrohungen». Den neusten Bericht – Redaktionsschluss war im Januar – lobt Vez als «nüchterne Analyse». Doch bleibt nach der Lektüre der Eindruck, dass statt thematischer Gewichtung und Vertiefung Allgemeinplätze überwiegen.

IM UNGEFÄHREN. Vez stellt diesmal – erneut traditionell unverbindlich – fest: «Betrachten wir die Schweiz als Teil eines europäischen Operationsfeldes islamistischer Terroristen, müssen wir uns eingestehen, dass Anschläge auch hierzulande im Bereich des Möglichen liegen.»

Konkrete Vorbereitungshandlungen, so Vez, hätten zwar «bis heute nicht endgültig nachgewiesen» werden können. Dies könne sich «aber rasch und jederzeit ändern».

Im Kapitel «gewalttätiger Extremismus und Terrorismus» heisst es dazu ergänzend, aber ebenfalls vage: «Es ist nicht auszuschliessen, dass sich auch in der Schweiz dschihadistische Terroristen aufhalten könnten.» Anders als bei Jean-Luc Vez lautet dort jedoch die Prognose, Terrorattacken lägen «zunehmend» im Bereich des Möglichen.

Der Leser fragt sich darum: Was gilt nun? Die Analyse des Fedpol-Direktors, der Anschläge ganz allgemein für möglich hält? Oder die Konklusion seiner Beamten, die solche für «zunehmend» möglich halten?

Auch was andere Gefahrenbereiche angeht, bewegt sich das Fedpol im Ungefähren.

Gesamteinschätzung. Laut Fedpol ist generell ein «Trend zur Gewalt» feststellbar. Dennoch lebten Schweizerinnen und Schweizer 2005 «in einem verhältnismässig wenig bedrohten Umfeld».

Rechts-/Linksextremismus. Angehörige beider Gruppen stellten «keine namhafte Bedrohung der inneren Sicherheit» dar. Rechtsextreme Vorfälle seien zwar seit 1989 gestiegen. Und die rechtsextreme Szene sei von 200 auf 1200 Mitglieder angewachsen. Bei dieser Zahl handelt es sich aber, gestehen die Staatsschützer selber, um eine blosse Schätzung. Konfrontationen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern der rechtsextremen Szene, meint ausserdem das Amt, würden «wahrscheinlich» zunehmen.

Organisierte Kriminalität. Wie schon 2004 und 2003 hält das Fedpol die «chinesische organisierte Kriminalität» mit ihren Aktivitäten im Menschenschmuggel und wegen Betrügereien mit Kreditkarten für eine «Herausforderung für die Schweizer Strafverfolgung». Die Schweiz sei dabei aber «kein klassisches Zielland».

Wirtschaftsverbrechen. Obwohl Bund und Kantone zahlreiche Fälle zu bearbeiten hatten, könne «allgemein festgehalten werden, dass die Wirtschaftskriminalität keine grundsätzliche Bedrohung der inneren Sicherheit» darstelle.

Jugendkriminalität. Trotz aufsehenerregender Prozesse und Urteile sowie fortgesetztem «Trend zur Gewalttätigkeit» werde die «Zunahme der Gewaltdelikte bei Jugendlichen medial überzeichnet», stellt das Fedpol – einigermassen verwirrlich fest.

Hooliganismus. Nichts deute auf ein Abflauen der Gewalt rund um Sportveranstaltungen hin, warnt das Fedpol. Und liefert zum Hooligan-Problem bloss lapidare Empfehlungen: Die Zutrittskontrollen in die Stadien müssten «verbessert werden, um das gefährliche Abbrennen verbotener Feuerwerkskörper zu verhindern».