Tages-Anzeiger vom 26.06.2012
SVP-Politiker verurteilen die Hetze gegen Muslime. Die Stadtpartei ist dennoch islamkritisch – nicht erst seit der Anti-Minarett-Initiative.
Von Stefan Häne
Zürich – Ein Parteimitglied, das gegen Muslime Hass schürt, hat in der SVP nichts verloren: Das findet nicht nur Roger Liebi, Präsident der Stadtzürcher SVP (TA von gestern). Dieser Ansicht sind auch andere Stadtzürcher SVP-Politiker. Fraktionschef Mauro Tuena etwa stellt klar: «Für solche Äusserungen habe ich kein Verständnis.» «Inakzeptabel» – so lautet das Urteil von Kantonsrat Rolf André Siegenthaler. Gemeinderat Bruno Amacker sieht die «Voraussetzungen für einen Ausschluss für gegeben». Falls Alexander Müller tatsächlich eine «Kristallnacht für Moscheen» gefordert habe, sei dies parteischädigend. Ob der Fall anders liegt, wenn Claudio Zanetti Araber als «Kameltreiber» bezeichnet, wie dies der SVP-Kantonsrat einst getwittert hat – dazu möchte sich Amacker wie andere SVP-Politiker nicht äussern.
Den Ausschluss Müllers müsste die sechzehnköpfige Geschäftsleitung der SVP Zürich beschliessen. Liebi ist überzeugt, dass die notwendige einfache Mehrheit zustande käme. Noch ist es nicht so weit. Die Kreispartei 7/8 müsse nun eingehend prüfen, was es mit dem Tweet von Alexander Müller auf sich habe, sagt Liebi.
Muslimfriedhof bekämpft
Unisono bestreiten die gestern angefragten SVP-Politiker, dass die Islamfeindlichkeit ihren Weg von den Fanatikern am rechtsextremen Rand in die Partei gefunden habe. Fakt ist: In der SVP scheuen manche Politiker zumindest nicht den Kontakt zu islamfeindlichen Kreisen, etwa die Nationalräte Lukas Reimann und Oskar Freysinger.
Auch die Stadtzürcher SVP hat sich in der Vergangenheit islamkritisch gezeigt – lange bevor 2009 die Anti-Minarett-Initiative der SVP im Volk eine Mehrheit fand. In einer programmatischen Schrift hielt sie bereits Ende der 90er-Jahre fest: «Der Islam erweist sich mehr und mehr als eigentliches Integrationshemmnis.» In jener Zeit führte die SVP einen Kampf gegen einen muslimischen Friedhof in Altstetten, weil sie den Religionsfrieden gefährdet sah. Das Projekt scheiterte – freilich nicht am Widerstand der SVP, sondern an der Finanzierung.