Zürcher Unterländer.
Rassismus «Wir wollen mehr davon», schrieb Jean-Luc Addor am 22. August 2014 auf Twitter. Zu einer Meldung von «20 Minuten» mit dem Titel «Schiesserei in Moschee fordert ein Todesopfer». Wegen dieses Tweets wurde später ein Strafverfahren gegen Addor eröffnet – das dem Walliser SVP-Nationalrat 2017 vor einem Bezirksgericht eine Verurteilung einbrachte: Sein Tweet war demnach ein Verstoss gegen das Verbot der Rassendiskriminierung. Erst vor wenigen Wochen hat das Walliser Kantonsgericht das Urteil der Vorinstanz bestätigt.
Nun wehrt sich der Verurteilte vor Bundesgericht gegen die bedingte Geldstrafe, die ihm die Walliser Richter auferlegt haben: 60 Tagessätze à 300 Franken, dazu 3000 Franken Busse und 4098 Franken Gerichtsgebühren. Der Nationalrat fordert einen Freispruch und über 80 000 Franken Entschädigung für die Prozesskosten.
Verweis auf Genozidleugner
In der Beschwerdeschrift, die der Nationalrat dieser Zeitung zugestellt hat, wird folgendes Hauptargument angeführt: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe 2015 festgelegt, dass im politischen Diskurs wenig Spielraum bestehe, die Meinungsäusserungsfreiheit einzuschränken.
Das zitierte Urteil geht auf den türkischen Politiker Dogu Perinçek zurück. Der war 2007 in der Waadt verurteilt worden, weil er den Genozid an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs geleugnet hatte. 2015 pfiff der EGMR die Schweiz in einem international beachteten Urteil zurück. Addors politische Stellungnahmen könnten als polemisch und schockierend empfunden werden, heisst es in dessen Beschwerde. Rassistisch seien sie aber nicht.
Addor argumentiert zudem, er habe in einer verärgerten Reaktion seine Verzweiflung über die Gewalttat ausgedrückt, ohne seine Worte bewusst zu wählen. Diese seien ironisch gemeint gewesen, nie habe er daran gedacht, sie könnten wörtlich verstanden werden.
Addor setzt darauf, dass das Bundesgericht seine Argumente erhört. Andernfalls, kündigt er an, werde er seine Rechte vor dem EGMR verteidigen.