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Am Mittwochmorgen fielen zwei abgewiesene Asylbewerber aus dem Fenster des ehemaligen Pflegezentrums Erlenhof in Zürich. Die Männer befinden sich dort in Isolation oder Quarantäne seit dem Corona-Ausbruch im Rückkehrzentrum Urdorf. Die Sicherheitsdirektion kritisiert das Verhalten der Betroffenen.
von Sibylle Egloff – Limmattaler Zeitung
Beim «Erlenhof» an der Lagerstrasse in Zürich hat sich am Mittwochmorgen ein Unfall ereignet. Weshalb, das ist unklar.© Carmen Frei
An der Zürcher Lagerstrasse ereignete sich am Mittwochmorgen ein Unfall. Zwei Personen kletterten aus einem Fenster und stürzten. Sie wurden verletzt ins Spital gebracht, wie die Kantonspolizei mitteilt. Bei den beiden Männern handelt es sich um abgewiesene Asylbewerber aus dem Rückkehrzentrum Urdorf. Nachdem vergangenen Donnerstag in der unterirdischen Anlage 16 Bewohner und zwei Betreuer positiv auf Covid-19 getestet wurden, schloss die Sicherheitsdirektion die Notunterkunft und verlegte alle 36 Bewohner ins ehemalige Pflegezentrum Erlenhof im Stadtzürcher Kreis 4. Dieses war bereits Ende März in ein Corona-Notspital umfunktioniert worden. Die abgewiesenen Asylbewerber aus Urdorf befinden sich dort zurzeit in einer zehntägigen Isolation oder Quarantäne und werden danach wieder im Rückkehrzentrum untergebracht.
Die kantonale Sicherheitsdirektion, die für die Unterbringung der abgewiesenen Asylbewerber zuständig ist, verurteilt das Verhalten der beiden Männer aufs Schärfste. Im Rückkehrzentrum Urdorf würden nur Männer untergebracht, die straffällig geworden seien oder aus disziplinarischen Gründen nicht in anderen Unterkünften bleiben könnten. Seit diese Personen sich in der Schweiz aufhalten würden, seien sie wiederholt dadurch aufgefallen, dass sie sich an keine Regeln halten würden, schreibt die Sicherheitsdirektion in einer Mitteilung.
«Es ist ihnen egal, sich und andere in Gefahr zu bringen»
Es sei inakzeptabel, dass sich mehrere der Betroffenen auch im «Erlenhof» um grundlegende Regeln und Schutzmassnahmen foutieren würden, heisst es weiter. «Es ist ihnen offensichtlich egal, sich selber und andere in Gefahr zu bringen und im schlimmsten Fall auch Unbeteiligte anzustecken.» In der Schweiz hätten sich alle an die Quarantänebestimmungen zu halten. Aufgrund des Verhaltens mehrerer abgewiesener Asylbewerber im «Erlenhof» sei dazu aber starke Polizeipräsenz nötig, schreibt die Sicherheitsdirektion.
Ob der Fenstersturz der abgewiesenen Asylbewerber eine gescheiterte Fluchtaktion aus der Isolation oder Quarantäne war, kann die Kantonspolizei derzeit nicht beantworten. «Wieso die beiden Personen aus dem Fenster gestiegen und gestürzt sind, wird derzeit noch untersucht. Wir müssen zuerst die Spuren auswerten, bevor wir Aussagen dazu machen können», sagt Ralph Hirt, Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich. Der Polizei sei nicht bekannt, dass beim «Erlenhof» bereits zuvor Personen aus dem Fenster gefallen seien. Auch zum genauen Gesundheitszustand der verletzten Asylbewerber kann Hirt keine Angaben machen.
Hinter die abgewiesenen Asylbewerber aus Urdorf stellt sich nun die Gruppe «Linke Poc – Migrantifa», die sich gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und Antisemitismus einsetzt. Der Kanton Zürich hetze gegen die Geflüchteten, indem er diese als straffällig beschreibe. Damit versuche er an rassistische Stereotype zu appellieren, welche die Asylbewerber als gefährlich und kriminell darstellen würden, schreibt die Gruppe in einer Mitteilung. In den sozialen Medien ruft sie deshalb heute Donnerstag ab 16 Uhr zu einer Demonstration an der Militär- und Langstrasse in Zürich auf. Sie fordert die permanente Schliessung des Rückkehrzentrums Urdorf.
Ein Anliegen, das bereits zu Beginn der Coronakrise geäussert wurde. Ende März hatte sich Hausarzt Theo Leutenegger, der sich seit Jahren um die medizinische Betreuung der abgewiesenen Asylbewerber kümmert, an die «Limmattaler Zeitung» gewandt.
Stilllegung des Bunkers wurde bereits im März gefordert
Leutenegger hatte die Sicherheitsdirektion damals aufgefordert, dass sie die unterirdische Unterkunft nicht nur zum Schutz der Bewohner, sondern auch zum Schutz der Urdorfer Bevölkerung stilllege, weil dort die Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten werden könnten. Auch Rechtsberaterin Jela Kistler vom Bündnis «Wo Unrecht zu Recht wird» verlangte von der Sicherheitsdirektion, dass die Asylbewerber auf andere Unterkünfte verteilt werden. Nach dem Bekanntwerden der Coronafälle kritisierte sie, dass die Bewohner bewusst einem Risiko ausgesetzt worden seien.
Der Kanton wies diesen Vorwurf wie bereits am Anfang der Coronakrise zurück: Es seien rechtzeitig zu Beginn der Pandemie alle notwendigen Massnahmen ergriffen worden, sagte Andrea Lübberstedt, Chefin des Kantonalen Sozialamtes, gegenüber der «Limmattaler Zeitung». So seien unter anderem zusätzliche Räume aktiviert worden. Zudem sei die Belegung des Rückkehrzentrums auf deutlich unter 50 Prozent gesenkt worden. Die Zivilschutzanlage ist für 180 Personen konzipiert, normalerweise wird sie mit maximal 80 Plätzen betrieben. Nun hielten sich 36 Personen darin auf.