NZZ Online: Das Konzert von Rechtsextremen in Unterwasser hat rechtliche Folgen für die Veranstalter. Ob es allerdings auch zu einer Verurteilung kommt, ist offen.
Das Amtsstatthalteramt Luzern hat vier Mitglieder der rechtsextremen Band Amok im Juni 2010 zu unbedingten Geldbussen von 120 bis 150 Tagessätzen verurteilt. Die Gruppe hatte drei Jahre zuvor Lieder publiziert, in welchen unter anderem ein Journalist mit dem Tod bedroht wird. Einige Passagen verstiessen gegen die Antirassismusstrafnorm. In der rechtsextremen Szene hat sich die Gruppe so einen Namen gemacht. Am letzten Wochenende trat Amok zusammen mit weiteren Bands an jenem Konzert in Unterwasser auf, das seither für Diskussionen sorgt.
Der jüngste Auftritt vor über 5000 Zuschauern hat für die Band jetzt erneut Rechtsfolgen: Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) hat bei der St. Galler Staatsanwaltschaft am Dienstag Anzeige wegen Verletzung der Antirassismusstrafnorm (Art. 261bis StGB) eingereicht. Diese richtet sich gegen die Schweizer Band Amok, die deutschen Gruppen Stahlgewitter, Confident of Victory, Excess und Frontalkraft sowie gegen die Organisatoren des Konzerts.
Ob es allerdings auch zu einer Verurteilung kommt, ist offen. Es ist bekannt, dass rechtsextreme Bands ihre Auftritte juristisch so ausrichten, dass sich diese in einem strafrechtlich kaum erfassbaren Bereich bewegen. Hinzu kommen Beweisschwierigkeiten: Zwar wohnten Polizisten dem Konzert streckenweise bei, wie die Kantonspolizei St. Gallen auf Anfrage erklärt, doch die Liedtexte seien nicht verständlich gewesen. «Wir haben keine Beweise», sagte auch GRA-Präsident Ronnie Bernheim gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Die Ermittlung sei Sache der Polizei und der Staatsanwaltschaft.
Das Bundesgericht hat zur Antirassismusstrafnorm eine differenzierte Praxis entwickelt, die der Strafnorm zusätzliche Konturen gibt. So ist unzweifelhaft, dass es sich beim Konzert vom Wochenende nicht um eine private Veranstaltung gehandelt hat – auch weil dafür Eintritt verlangt worden ist. In einem Urteil aus dem Jahre 2004 hat das Bundesgericht festgehalten, dass öffentlich ist, was nicht im engen privaten Rahmen gesagt wird und strikt privat ist.
Ein präventives Eingreifen wäre gestützt auf Artikel 261bis StGB jedoch nicht möglich gewesen. Das Strafrecht ist ein repressives Instrument, das erst zur Anwendung kommt, wenn eine Tathandlung bereits erfolgt ist. Aber die Behörden hätten den Anlass vermutlich aus anderen Gründen verhindern können – etwa mit Hinweis auf die öffentliche Sicherheit. So hat der Stadtrat von Schlieren im Juli entschieden, die Durchführung eines Konzertes des umstrittenen kroatischen Sängers Marko Perkovic, Künstlername Thomson, zu verbieten.