Neue Zürcher Zeitung: Mit einer Ombudsstelle will Dübendorf die Wogen glätten
Die Leiterin der Dübendorfer Sozialabteilung hat auf Facebook monatelang fremdenfeindliches Gedankengut verbreitet: Der Stadtrat verwarnt sie deswegen – und richtet eine unabhängige Ombudsstelle ein.
Der Dübendorfer Sozialvorstand Kurt Spillmann (svp., ehemals Auto-Partei) ist mit der Leiterin der Sozialabteilung auf Facebook befreundet. Trotzdem entgingen ihm die fremdenfeindlichen Einträge seiner Untergebenen, wie er am Dienstag vor den Medien erklärte. «Die Lügenpresse verschweigt die wirkliche Fratze der unkontrollierten Einwanderung», schrieb die Sozialhilfe-Chefin, «Überfremdungspolitiker» fluteten die Schweiz mit angeblich hilfsbedürftigen Flüchtlingen und rollten Muslimen den roten Teppich aus, so lautete ein Eintrag der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) auf Facebook, den die Chefbeamtin weiterverbreitete.
Betroffene an Medien gelangt
Fast ein Jahr lang übersahen die Verantwortlichen das Kesseltreiben der Verwaltungsangestellten, die täglich mit Ausländern zu tun hat, die auf Unterstützung der Gemeinde angewiesen sind. Anfang November setzten Hinweise von aussen dem Treiben ein Ende. Doch dann beschwerten sich Betroffene in den Medien über den diskriminierenden Umgang und nährten den seit Jahren latenten Verdacht genereller Missstände auf dem Sozialamt Dübendorf. Dessen Vorsteher hatte vor drei Jahren den Austritt der Gemeinde aus der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) bekanntgegeben. Sozialvorstand Spillmann betonte am Dienstag, dass die Dübendorfer Sozialbehörde die im Kanton Zürich verbindlichen Skos-Richtlinien fachlich korrekt umsetze. Mit freiwilligen Zusatzangeboten zur Wiedereingliederung der Klienten in den Arbeitsmarkt gehe die Gemeinde in vorbildlicher Weise voran.
Spillmann bestritt nicht, dass es in Einzelfällen Probleme gebe. «Das liegt in der Natur der Sache.» Doch er wies den pauschalen Vorwurf zurück, die Mitarbeitenden der Sozialabteilung behandelten ausländische Klienten absichtlich und systematisch unkorrekt. Dieser Vorwurf und weitergehende Fragen, etwa zur Qualifikation des Personals der Sozialabteilung, sind Gegenstand zweier parlamentarischer Vorstösse von SP und Grünen. Momentan seien Abklärungen in Gang, hiess es am Dienstag, konkrete Antworten seien deshalb noch nicht möglich.
Entlassen wird die Leiterin der Sozialabteilung nicht. Da verschiedene Facebook-Einträge aber die «besondere Treuepflicht» der Mitarbeiterin verletzten, wie es Stadtschreiber Martin Kunz formulierte, leiteten die Behörden einen Tag nach Bekanntwerden der Aktivitäten in den sozialen Netzwerken eine interne Untersuchung ein. Vorletzte Woche schlossen sie das Verfahren mit einer schriftlichen Verwarnung ab. Damit habe der Stadtrat ein starkes Zeichen gesetzt, sagte Stadtpräsident Lothar Ziörjen (bdp.). Die Sanktion sei mit Auflagen verbunden. Halte die Mitarbeiterin diese nicht ein, würden personalrechtliche Konsequenzen gezogen. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wollte Ziörjen die Auflagen aber nicht konkretisieren. «Mit einer engen Begleitung, mit Vorgaben und Kontrollen wollen wir der Mitarbeiterin eine Chance geben, über die Bücher zu gehen. Wir sind zuversichtlich, dass sie die Chance packt.»
Auf den Vorwurf, es habe zu lange gedauert, bis die Facebook-Einträge entdeckt worden seien, entgegnete Ziörjen: «Wir setzen auf Eigenverantwortung und nicht auf dauernde Überwachung.» Die Dübendorfer Stadtverwaltung verfüge über Richtlinien zum Umgang mit sozialen Netzwerken, an die sich die Mitarbeitenden zu halten hätten. Wie bei anderen internen Vorgaben auch werde eine Kultur des Vertrauens gepflegt. Diese Kultur wolle der Stadtrat nicht aufgeben.
Eine Anlaufstelle für alle
Laut Ziörjen fühlen sich nicht nur Sozialhilfebezüger, sondern auch Klienten anderer Verwaltungsabteilungen manchmal unkorrekt behandelt oder können Entscheide nicht nachvollziehen. Der Stadtrat wird deshalb per 5. Dezember eine unabhängige Ombudsstelle einrichten. Geleitet wird sie vom ehemaligen Rümlanger Gemeindeschreiber Anton Frauenfelder, der dieselbe Funktion in Wallisellen ausübt. Das neue Angebot soll unzufriedenen oder verunsicherten Kunden helfen, ihre eigenen Rechte wahrzunehmen oder Lösungen zu finden. Zudem könne die Ombudsstelle allfällige Mängel in Verwaltungsabläufen oder Fehler der Verwaltung mit den zuständigen Mitarbeitenden besprechen, sagte Ziörjen.
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