Rechtsextreme gaben sich gestern im Aargauer Bezirksgericht die Klinke in die Hand: Frühmorgens nahm der herausgeputzte frühere «Bundesvorstand» der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) auf der Anklagebank Platz, anschliessend – für einen zweiten Strafprozess – ein kahl rasiertes Schlägertrio. Die Pnos-Spitze musste sich wegen rassistischer Schriften verantworten, die drei Skinheads wegen einer Attacke auf einen Hörbehinderten. Zu diesem Gewaltakt war es bereits in der Nacht auf den 14. Januar 2008 gekommen, doch bislang wurde weder der rechtsradikale Hintergrund der Täter noch die Behinderung des Opfers publik. Die Aargauer Kantonspolizei hatte diese Umstände nicht genannt, als sie in einem dürren Communiqué von einer «Auseinandersetzung» im Lokal Riders im aargauischen Densbüren schrieb.
Im Western-Lokal hatten damals die jungen Täter den Geburtstag eines Kameraden gefeiert. Die kleine Festgesellschaft fühlte sich provoziert durch ein Mitglied eines Motorradklubs, das «auf einmal so komische Gesten machte», wie einer der Angeklagten zu Protokoll gab. Niemand will wahrgenommen haben, dass der Gast an der Bar in Gebärdensprache mit seinem Begleiter kommunizierte. Als die beiden Unbekannten das Riders verliessen, folgten ihnen die Glatzköpfe. Vor dem Lokal traktierten zwei der Rechtsradikalen den Hörbehinderten und zertrümmerten dessen Hörgerät. Ihrem Opfer versetzten sie noch Fusstritte, als es auf dem Boden lag.
Von einem «verwerflichen Angriff» sprach Gerichtspräsident Thomas Müller und verurteilte die einschlägig vorbestraften Haupttäter wegen Angriffs zu unbedingten Geldstrafen von 210 Tagessätzen von 90 beziehungsweise 120 Franken. Das gezeichnete Opfer erzählte gestern dem Gericht, es leide seit der Tat an Konzentrationsproblemen und sei seither wegen Angstzuständen in ärztlicher Behandlung. Die Täter müssen nun laut dem Urteil für die verursachten gesundheitlichen Kosten aufkommen. Der dritte Angeklagte, der den Begleiter des Hörbehinderten leicht verletzt hatte, kam mit einer bedingten Strafe von 150 Tagessätzen à 120 Franken davon.
Richterliches Geleit für Pnos
Im Gegensatz zu den geständigen Prüglern bestritten im Prozess zuvor die drei ehemaligen und zwei aktuellen Pnos-Vorstandsmitglieder sämtliche Vorwürfe. So wollen sie nicht für das frühere rassistische Parteiprogramm verantwortlich sein.
Für Stirnrunzeln bei Prozessbeobachtern sorgte gestern Gerichtspräsident Müller. Persönlich begleitete er die Angeklagten nach den Einvernahmen nach draussen, um Filmaufnahmen des Lokalfernsehens zu unterbinden. Kein Verständnis für diese Fürsorge bringt der Freiburger Strafrechtsprofessor Marcel Niggli auf: «Wer im Vorstand einer nationalen Partei tätig ist, muss damit rechnen, dass er im Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit in den Medien genannt oder gezeigt wird.»