Skins operieren anonymer

BernerZeitung

Die Ittiger Skingruppe «Nationale Offensive» ist aktiv. Ihre Website beweists. Mitglieder hatten vor drei Jahren auf die WG Solter Polter geschossen. Nahe liegt, dass sie bei jüngsten Anschlägen dabei waren.

Mischa Aebi

Im Juli 2000 feuerten Mitglieder der in Ittigen gegründeten Skinheadgruppe «Nationale Offensive» (N. O.) Schüsse auf die alternative Wohngemeinschaft Solter Polter in Bern. Im selben Jahr beschlagnahmte die Polizei bei Mitgliedern der gleichen Organisation ein Waffenlager mit selbst gebastelten Bomben und Gassprays und anderem. Auch rassistisches Propagandamaterial wurde sichergestellt. Seither war es still um die Organisation. Beobachter vermuteten bereits, dass sich die Gruppe aufgelöst hatte. Mitglieder beteuerten vor Gericht, sie hätten sich distanziert vom Skinheadumfeld.

Rege Aktivität im Netz

Doch nun wird klar, dass die N. O. aktiv ist. Ein Mitglied der Antifa Bern (Antifaschistische Gruppierung) entdeckte kürzlich eine Homepage. Die gefundene Internetsite wird ganz offensichtlich von der gleichen «Nationalen Offensive» betrieben, die 2000 durch den Anschlag aufs Solter Polter und die gebastelten Sprengkörper in die Schlagzeilen geraten war. Die Betreiber schreiben nämlich unter der Rubrik «Geschichte der Nationalen Offensive»: «Im Herbst 1997 wurde die N. O. in Ittigen von neun Leuten aus der Region Bern ins Leben gerufen.» Weiter unten im selben Text steht: «Die meisten Leute, die schon länger in der ?Nationalen Offensive? tätig sind, arbeiten mit grosser Motivation und Eifer …» Datiert ist das Dokument auf den 14. Dezember 2002. Die nachweislich seit Juni 2002 aufgeschaltete Page wird rege benutzt: So haben allein im neuen Jahr mindestens acht Sympathisanten Kommentare in das Gästebuch auf der Site eingetragen. Während des Abstimmungskampfes um die Asylinitiative hatten die Betreiber der Homepage laut einem Antifa-Mitglied «hetzerische» und «fremdenfeindliche» Flugblätter aufgeschaltet. Bis auf ein Flugblatt zum Thema Schächten sind heute keine Flugblätter auf besagter Website zu finden. Doch Hans Stutz, bekannter Beobachter der rechtsextremen Szene, bestätigt, dass um die Zeit der Abstimmung vier Flugblätter zum Thema Asyl aufgeschaltet waren. Stutz beurteilt deren Inhalt als «am Rande der Legalität». Zur gesamten Homepage sagt er jedoch: «Die Betreiber sind offensichtlich bemüht, dass keine eindeutig illegalen Inhalte auf die Homepage kommen.» Allerdings findet man auf der Site Links zu den Hammerskins.

Strikte Anonymität, aber …

Wer heute die aktiven Mitglieder der N. O. sind und wer den Internetauftritt betreibt, geht aus der Homepage nicht hervor. Strikte Anonymität wird bei allen Beiträgen gewahrt. Die Site wird über eine Umleitungsadresse betrieben. Die Autoren können deshalb auch nicht anhand der Betreiber ermittelt werden. Trotzdem ist der N. O. – im Rahmen ihrer Anonymitätsstrategie – offenbar ein «Fehler» unterlaufen. Und zwar bei einem der mittlerweile wieder entfernten Flugblätter. Wenn man das in Form eines Worddokuments vorliegende Dokument heruntergeladen habe und unter dem Menüpunkt «Datei» die «Eigenschaften» der Datei betrachtete, habe man als Autor den Namen P. Redner* gefunden. Es ist der Name des Skinheads, der am 30. Oktober zu 12 Monaten bedingt verurteilt worden war, weil er in Hasle zusammen mit anderen Skinheads Jugendliche verprügelt und zum Teil schwer verletzt hatte. Vor Gericht hatte er ausgesagt, er wünsche sich schon etwas Distanz von der Skinheadszene. Hans Stutz bestätigt, dass im November ein solches Worddokument mit diesem Namen als Autor auf der N.-O.-Site aufgeschaltet gewesen sei. (Ex-)Skinhead P. Redner bestätigte auf Anfrage, dass ein solches Flugblatt auf seinem Computer geschrieben worden ist. Er sei aber nie Mitglied der N. O. gewesen.Offiziell sind seit längerer Zeit von keinem bekannten N.-O.- Mitglied mehr Gewaltdelikte registriert geworden. Mitglieder der Antifa beteuern jedoch, dass Mitglieder der N. O. bei jüngsten Schlägereien und Zerstörungsakten beteiligt gewesen sein müssen. Beispielsweise am 21. September in Langenthal, als es zu Schlägereien zwischen Jugendlichen des Kulturzentrums LaKuz und Skinheads kam.

* Name von der Redaktion geändert