Im bernischen Lotzwil fand kürzlich ein Skinhead-Konzert statt. Ursprünglich war es in Grossdietwil geplant. Doch die Gemeinde roch Lunte.
VON BEAT VOGT
Es hätte das grosse, jährlich stattfindende Konzert der Skinheadszene werden sollen bekannt vor allem aus dem Jahr 2005, als der Grossanlass unbehelligt im Wallis stattfand. Dieses Jahr sollte er in Grossdietwil im Luzerner Hinterland über die Bühne gehen, dies machte der Luzerner Kapo-Kommandant Beat Hensler an einer Veranstaltung über politischen Extremismus in Hochdorf publik.
Rund eine Woche vor dem Konzert, das auf den 9. September angesetzt war, konnte der Gemeinderat allerdings die Pläne der Rechtsextremen durchkreuzen. Der Name des Organisators machte stutzig: Der Mann ist den Behörden als Rechtsextremer bekannt. Die Gewerbepolizei konnte deshalb eingreifen und die Wirtebewilligung für den Anlass verweigern.
Immer mehr Konzerte
Der Fall ist exemplarisch für ein zunehmendes Problem. Immer häufiger versuchen rechtsextreme Kreise in der Schweiz Konzerte durchzuführen Anlässe, die auch Publikum aus dem Ausland anziehen. Dies sagte der oberste Schweizer Staatsschützer Urs von Daeniken am gestrigen Anlass, an dem rund 50 Gemeinderäte teilnahmen. Den Gemeindebehörden riet von Daeniken, «die Augen offen zu halten». Bei Bewilligungen solle man «bei den Organisatoren nachfragen und allenfalls die Namen von der Polizei überprüfen lassen».
Dass es für die Polizei vor allem bei Anlässen von Rechtsextremen schwierig ist, den Organisatoren auf die Schliche zu kommen, erklärte Kapo-Kommandant Beat Hensler mit deren «konspirativem Vorgehen». Die Konzerte würden meistens «mit Mund-zu-Mund-Propaganda oder via SMS angekündigt».
Umso mehr freut man sich über Erfolge wie in Grossdietwil. Allerdings: Ganz verhindert wurde das grosse Konzert schliesslich doch nicht die Organisatoren schafften es, innert kürzester Zeit einen anderen Ort im nahe gelegenen Lotzwil, Kanton Bern, zu mieten. Ein Votant aus dem Publikum merkte denn auch kritisch an, das Problem werde doch so nur verlagert.
Für den Staatsschützer Urs von Daeniken ist dies volle Absicht. «In der europäischen Szene hat die Schweiz den Ruf, dass man hier sehr tolerant ist. Wir haben kein Interesse, diesen Ruf zu pflegen.» Deshalb tue man alles, um für rechtsextreme Veranstalter möglichst unbequem zu sein. Dazu gehört es auch, Verschiebungen zu provozieren: «Denn das ist lästig und teuer.»
In die gleiche Richtung zielen auch die massiven Polizeikontrollen, wenn ein Konzert nicht verhindert werden kann. Die Polizei wolle der Szene zu spüren geben, dass sie beobachtet wird. «Und wir versuchen damit den harten Kern zu isolieren», sagte Hensler. Allfällige Mitläufer würden so abgeschreckt.
Luzern ist über dem Durchschnitt
Von den knapp über hundert rechtsextremen Vorfällen, die die Bundespolizei in den letzten vier Jahren jeweils registrierte, geschahen rund 10 Prozent im Kanton Luzern. «Überdurchschnittlich viele», wie Kapo-Kommandant Beat Hensler nüchtern festhält. Denn die Luzerner stellen nur 5 Prozent der Schweizer Bevölkerung.
Prügel in Hochdorf
Der aufsehenerregendste Fall liegt schon über 10 Jahre zurück. Im November 1995 drangen Rechtsextreme in Hochdorf in eine Mahnwache am «Festival für Völkerfreundschaften» und prügelten mit Baseballschlägern auf die Anwesenden ein. 57 beteiligte Skinheads aus verschiedenen Kantonen konnten danach überführt und verurteilt werden.