Schweizer Rechtsradikale feiern 1. August mit Deutschlandlied

Blick

VON ALEXANDER SAUTTER UND MISCHA HAUSWIRTH

ALLSCHWIL BL – Ganz im Geheimen wollten die Rechtsradikalen der „Parteinational orientierter Schweizer“ (Pnos) bereits am 31. Juli denNationalfeiertag begehen. BLICK hat sie trotzdem aufgespürt. Auf einemAntroposophen-Bauernhof.

Junge Männer, kahl geschoren. Sie tragen weisse Hemden mit schmalenschwarzen Krawatten und streifen mit Taschenlampen durch den Wald. Essind die internen Ordnungskräfte der Pnos. Kein Unbefugter sol sehen,wie die Rechtsradikalen feiern.Gegen 21 Uhr beginnt ein Deutscher mit seiner braunen Rede: „Rassendürfen sich nicht vermischen“, ruft der Mann den Kahlgeschorenenentgegen. Diese antworten mit begeistertem Applaus.Sie nennen sich Patrioten – doch nach reichlich Alkohol singen sie dasDeutschland-Lied: „Deutschland, Deutschland über alles“, grölt es durchdie Nacht.

Ort dieses Gelages: der Bauernhof „Paradieshof“ in Allschwil bei Basel,der nach den Regeln der anthroposophischen „Demeter“-Produktion geführtwird.Nicht zum ersten Mal fällt der Name „Paradieshof“ im Zusammenhang mitRechtsradikalen.Am 12. Februar 2002 organisierte Pnos-Vordenker und Holocaust-LeugnerBernhard Schaub (48) eine „nationale Koordinationskonferenz“. Um ihrewahre Identität zu verstecken, reservierten sie den Konferenzraum“Lapislazuli“ im Hotel „Egerkingen“ in Egerkingen SO über die Firma“Bioparadies GmbH“.Laut Handelsregister ist Hans Krattiger-Rex (66) Geschäftsführer desDemeter-Ladens „Bioparadies“. Er ist auch Kassier im Vorstand der Pnosund seit 1974 Mitglied der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft(AAG). Er gilt als enger Freund von Hetzer Bernhard Schaub.

Eine unheimliche Connection. Schaub war bis 1994 selbst Mitglied derAnthroposophischen Gesellschaft. Er wurde von der anthroposophischenRudolf-Steiner-Schule Adliswil ZH jedoch als Lehrer entlassen, weil erin einem Buch den Tod von Millionen Juden unter der Nazi-Diktaturleugnete.Seine Nähe zur Anthroposophie legte Schaub nicht ab. Letztes Jahrveröffentlichte er ein Buch über Rudolf Steiner, in dem er versuchte,diesen als Vordenker rechtsradikalen Gedankenguts darzustellen.

Von Blick auf das Treiben von Krattiger angesprochen, reagierte dieAnthroposophische Gesellschaft Schweiz umgehend: „Wir distanzieren unsvon Rechtsradikalen und werden gegen Mitglieder, die eine Verbindung mitsolchen haben, entschlossen vorgehen“, sagte Mediensprecherin UrsaKrattiger, die mit Hans Krattiger weder verschwägert noch verwandt ist.Auch „Bioparadies“-Teilhaber Hans Werner, auf dessen Grundstück dieFeier stattfand, muss sich erklären. Die SchweizerDemeter-Geschäftsstelle verlangt von Werner eine Stellungnahme zu denVorgängen rund um seinen Hof. Vor einem Monat sagte Bauer Werner zuBLICK: „Wir haben nichts mit Rechtsradikalen zu tun.“ Gestern war Wernernicht erreichbar.Krattiger verweigerte gegenüber BLICK jede Stellungnahme.

Anthroposophie – die Lehre Rudolf Steiners

Zürich – Entwickelt wurde die Anthroposophie von Rudolf Steiner(1861-1925). Steiner wollte damit der Mechanisierung und Verflachung desLebens entgegenwirken. Gemäss seiner Lehre soll der Mensch höhereseelische Fähigkeiten entwickeln, um die Welt als Ganzes verstehen zukönnen. In der Schweiz gibt es über 30 Rudolf-Steiner-Schulen. Ablegerder Antrhroposophie sind auch das Bio-Label Demeter sowie die Kosmetikaund Heilmittel von Weleda.