Im Internet erschiessen sie ihre Kritiker
VON BEAT KRAUSHAAR UND ELIANE BUCHER
ZÜRICH. Hass, dummer, perverser Hass. In einem Video erschiessen Schweizer Neonazis ihre Kritiker. Dazu zeigen sie Bilder von vergasten Juden und drohen: Euch wird es genauso ergehen!
Im Visier des Zielfernrohrs erscheint Jürg Frischknecht (58). Er ist einer der vehementesten Kritiker der Schweizer Rechtsextremen. Auf seiner Stirn sieht man den roten Zielpunkt. Dann geht der Schuss los, Frischknechts Kopf wird in Stücke gerissen. Im Hintergrund schreit eine Stimme hasserfüllt: «Linke Loser» (Verlierer).
Die gleiche brutale Szene wiederholt sich im Videoclip noch dreimal. Auch Heinz Kaiser (56), Daniele Jenni (56) und Hans Stutz (54) werden virtuell hingerichtet. Auch sie sind bekannte Kritiker und gelten deshalb bei der braunen Brut als Hassfiguren.
Damit nicht genug: Bevor die vier exekutiert werden, zeigt der Videoclip abscheuliche Bilder von vergasten und erschossenen Juden aus den Konzentrationslagern. Auch Bilder von Kindern sind darunter. Was die Macher des Videos damit sagen wollen, ist klar. Sie drohen ihren Kritikern, dass es ihnen genauso ergehen wird wie den Juden unter Hitler.
Das Video ist mit dem Lied «Hammer, Zirkel, Ehren» der Neonazi-Band «Burn Down» unterlegt. Über die Judentransporte in die Konzentrationslager dichteten sie: «Es fährt ein Zug nach Nirgendwo. Und ihr seid alle Passagiere. So eng gedrängt im Abteil. Die Reise ohne Wiederkehr.»
Noch ist nicht klar, wer den Video-clip produziert hat. Journalist Hans Stutz, den die Glatzen ins Visier genommen haben: «Es ist eindeutig ein Schweizer Produkt. Verbreitet wird es über ein Blood&Honour-Internetforum von einer Person, die sich hinter dem Pseudonym „DivisionSchweiz“ versteckt.» Für Stutz ist klar: «Was hier gezeigt wird, ist widerlich.»
Was sagen die anderen «Erschossenen» zu dem Videoclip? «Es ist ein Aufruf zur Eliminierung von Leuten, die den Rechtsextremen im Weg stehen. Und es zeigt ihre abscheuliche Mentalität», sagt Daniele Jenni, grüner Berner Stadtrat. Er hat die Demo gegen den 1.-August-Aufmarsch der Neonazis auf dem Rütli mitorganisiert.
Heinz Kaiser, der durch seine Klagen gegen die rechtsextreme Pnos-Partei die Wut auf sich gezogen hat, meint: «Ich war zutiefst schockiert. Es ist ekelerregend und menschenverachtend. Ich nehme die Drohung ernst, aber einschüchtern lasse ich mich nicht.» Jürg Frischknecht war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Die prominenten Kritiker wollen sich die Drohungen nicht gefallen lassen. Sie prüfen rechtliche Schritte.Rassismus, Antisemitismus und Gewalt sind der Kern der rechtsextremen Organisation Blood and Honour (B&H). In der Schweiz schockierte B&H vergangenen September: Die Glatzen riefen an einem Konzert in Brig mit Naziparolen zur Judenhetze auf.