Die Wochenzeitung. Von Mona Molotov
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In der Schweiz hat gerade eine Parlamentarierin bekanntgegeben, dass sie nicht mehr zur nächsten Wahl antreten wird, weil sie die ständigen Hassnachrichten und -kommentare, gerichtet gegen sie als Person of Color und als Frau, nicht mehr ertragen will. Wer in diesem selbsternannten Chancenland ein Stück weit von einer ziemlich eng gefassten Norm abweicht und sich dazu noch getraut, öffentlich aufzufallen und Veränderungen zu fordern, kriegt den Hass zu spüren, den weisse Männer in ihre Computertastatur hacken.
Die Parlamentarierin heisst Sarah Akanji, 2019 wurde sie mit 25 Jahren und mit dem besten Resultat in ihrem Wahlkreis Winterthur für die SP in den Zürcher Kantonsrat gewählt. «Hoffnungsträgerin» wurde sie in den Medien gern genannt, was auch damit zusammenhängt, dass die parlamentarische Politik (die linke mitgemeint) in der Schweiz noch immer ein mehrheitlich weisser Umzug ist.
Akanji macht nicht nur Politik, sie spielt auch erfolgreich Fussball, gründete das Frauenteam des FC Winterthur und prangerte sexistische Gewaltfantasien in der Fankurve an. Eine anständige Karriere im Dienst des Gemeinwohls, könnte man meinen. Aber in der Schweiz lehnt man sich damit schon zu weit aus dem Fenster, zu viel Entfaltung des Individuums! Der Liberalismus dieser Wohlfühloase für Privilegierte ist so pseudo wie die Wohltätigkeit der britischen Royals.
Akanji ist nicht die Einzige. Vor zwei Jahren trat die Zürcherin Ezgi Akyol als AL-Gemeinderätin zurück, weil sie sich nicht mehr engagieren mochte in einem Parlament, wo ihr der Rassismus regelmässig und unwidersprochen entgegenschlug: «Fast wöchentlich werden hier geflüchtete und migrierte Menschen diffamiert.» Hinzu kommt, dass das Zürcher Parlament wie auch jedes andere im Land daran scheitert, die postmigrantische Realität der Bevölkerung auch nur annähernd zu repräsentieren.
Offenbar gibt es Bewegung in der Sache: rückwärts.