Berner Zeitung
Die DRS-1-Sendung «Persönlich» gastierte gestern Sonntag im Langenthaler Hotel
Bären. Zum Gespräch geladen waren Unternehmer und FDP-Nationalrat Johann
Schneider-Ammann sowie Stadtführer Samuel Herrmann.
Johann Schneider-Ammann streicht sich durchs Haar, als müsste er seine Frisur für einen
Fernsehauftritt richten. Über Lautsprecher hört man die 10-Uhr-Nachrichten. Der grosse
Barocksaal im Langenthaler Bären ist voll. Kaum jemand spricht. Alle sehen nach vorne zur
Bühne, zum Unternehmer und FDP-Nationalrat Schneider-Ammann und zum ehemaligen
Langenthaler Sekundarlehrer Samuel Herrmann.
«Grüezi mitenand»
Die Wetterprognose auf Radio DRS1 ist verlesen. Nun wird die Sendung «Persönlich»
angekündigt: «Grüezi mitenand. Willkommen im ‹Persönlich› im geschichtsträchtigen Hotel
Restaurant Bären in Langenthal», begrüsst vorne die Moderatorin Karin Frei das Publikum im
Saal und die über 470000 Hörer zu Hause am Radio.
Die zwei Persönlichkeiten, die zur Sendung geladen wurden, sind den meisten Langenthalern
ein Begriff. Links sitzt Samuel Herrmann (75). Den ehemaligen Sekundarlehrer kennt man
wegen seines Einsatzes für die Langenthaler Bibliothek und als Stadtführer. «I ha fröid am
Verzöue», sagt er, und schon ist er mitten in einer Geschichte. 1817 sei hier ein Mann mit einem
Sackmesser mit drei Stichen ermordet worden. «Das isch da hie hingerusse passiert», sagt er
und zeigt quer durch den Saal, obwohl er gerade für eine Radiosendung aufgenommen wird –
die Hörer sehen ihn nicht.
«Jesses Gott»
Den Mörder habe man in Aarwangen gefasst. Stranguliert und gerädert hätte man ihn zur
Strafe. «Jesses Gott», murmelt eine Frau im Saal. «Es war der zweitletzte Schweizer, der
gerädert wurde», erzählt Stadtführer Herrmann.
Mitten in der Geschichte um Mord und Totschlag ist die Moderatorin sichtlich nervös geworden.
Sorgenvoll sieht sie zur Uhr und versucht in einer Pause zu Wort zu kommen. «Johann
Schneider-Ammann», richtet sie das Wort an den Unternehmer und Nationalrat.
Schneider-Ammann», richtet sie das Wort an den Unternehmer und Nationalrat.
Seit 1990 ist Johann Schneider-Ammann (57) Präsident der Ammann Group. Er wirkt etwas
weniger gelassen als sein Gegenüber. «Was das Entscheidende ist, ist das Zuhören», sagt er.
Aufgewachsen sei er in Affoltern als Sohn eines Tierarztes und hätte auch selbst Tierarzt
werden sollen. Doch brach er das Studium ab. «Ich weiss zu viel von dem Beruf», sagt er als
Erklärung. Und spätestens nach den ersten sezierten Fröschen sei es klar gewesen, dass er
nicht Tierarzt werde. Es folgte die Ausbildung als Elektroingenieur, die Heirat mit einer Tochter
aus der Ammann-Familie.
Hochwasser und die Pnos
In der Firma Ammann hat er sich zuerst nicht gesehen. «Ich habe gewusst, von Anfang an,
dass ich angeheiratet bin.» Doch liess er sich überreden, für ein Jahr in der Firma zu arbeiten,
was nicht auf Anhieb klappte. Später aber kam er für ein zweites Jahr zurück. «Und dann sind
Sie geblieben», sagt Moderatorin Karin Frei. «Dann bin ich geblieben. Und ich bereue es nicht.»
Im Langenthaler «Persönlich» wird auch die Stadt thematisiert, die hohen Trottoirs, die
Hochwasser, kurz vor Schluss wird das «braune Langenthal» auf einmal zum Thema. Ein
Thema, auf das die beiden Gäste unterschiedlich reagieren. Der ehemalige Lehrer Herrmann
erzählt sofort, dass in Langenthal nur durch Panaschierstimmen ein Pnos-Mitglied Stadtrat
geworden sei. «Und was hat er erreicht? Nichts.»
«Erfolgreiches Langenthal»
Auch die Gerüchte um die Porzellanfabrik während des Krieges zählt er auf und bedauert als
Historiker, dass sich bis jetzt noch niemand des Themas in einer Doktorarbeit angenommen
habe. «Das Schrecklichste daran ist, dass noch nichts wirklich abgeklärt ist», sagt der
Stadthistoriker. Während all dieser Reden klopft Schneider-Ammann unruhig auf seinen Stuhl
und winkt mit der Hand. «Langenthal hat einen Leistungsausweis», sagt er, und der sei gut.
Man solle über das Langenthal reden, wie es heute sei, und das sei ein erfolgreiches
Langenthal, findet der Unternehmer. Samuel Herrmann nickt.
René Frauchiger