Die Schiffe zur Rütli-Feier werden auch in diesem Jahr in Luzern ablegen. Die Wahl des Redners scheint das Risiko für Ärger zu senken.
Von Simon Schärer
Bereits jetzt ist klar: Die Rütli-Feier findet statt. Die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) hat sich mit den Anrainerkantonen auf einen Kompromiss geeinigt. Dieser sieht vor, dass die Besucher von Luzern aus mit dem Schiff transportiert werden. Die Rückkehr erfolgt mit Schiffen nach Brunnen. Für die Sicherheit am Abfahrtssteg in Luzern ist die SGG zuständig, sie engagiert dafür ein privates Sicherheitsunternehmen. Aufs Rütli kommt auch in diesem Jahr nur, wer zuvor von der SGG ein Ticket erhalten hat (siehe Box).
Damit ist der grösste Konflikt entschärft. Vor einem Jahr noch hatte sich der Kanton Schwyz kategorisch geweigert, Hin- oder Rückfahrten aufs Rütli via Brunnen zuzulassen. Zu präsent waren die Bilder aus dem Jahr 2006. Damals wurde Brunnen für rund 1 Million Franken in eine Festung verwandelt. Im Jahr zuvor hatten 700 Rechtsextreme Bundesrat Samuel Schmid während seiner Festrede niedergeschrien.
Kein Schwarzer-Peter-Spiel mehr
Doch jetzt sei auch Brunnen an Bord, wie Gemeindepräsident Urs Koller (FDP) erklärt. Er stellt aber eine Bedingung: «Wir stellen uns nur zur Verfügung, wenn in Brunnen und auf dem Rütli alles ganz normal läuft.» Konkret heisst dies, dass an beiden Orten keine Demonstrationen von Rechts- oder Linksextremen stattfinden. «Wir wollen uns an einem Dorffest von unserer gastfreundlichen Seite zeigen.»
Zufriedene Gesichter auch in Luzern. «Diesen Vorschlag finden wir gut, denn alle Beteiligten sind eingebunden, und es gibt kein Schwarzer-Peter-Spiel mehr», sagt Sicherheitsdirektorin Ursula Stämmer (SP). Die Stadt hatte 2007 angeboten, als Abfahrtsort zu dienen. Allerdings nur, wenn sich der Bund an den Kosten beteiligt. Das Nein aus Bern kam prompt, und die Rütli-Kommission war gezwungen, die Feier abzusagen. Erst als die Unternehmer Johann Schneider-Ammann und Nicolas Hayek für die Kosten aufkamen, konnte sie stattfinden.
Josef Dittli hält die Festrede
Grosse Hoffnung setzen alle Beteiligten ins neue Konzept der Feier. Dieses wurde gestern von SGG-Präsidentin Annemarie Huber-Hotz vorgestellt. In diesem Jahr sollen Inhalte und nicht Personen im Vordergrund stehen, sagte Huber-Hotz. Das bedeutet: Die Organisatoren lösen ein altes Versprechen ein, indem sie mit dem Urner Sicherheitsdirektor Josef Dittli (FDP) einen regionalen Festredner auftreten lassen. Dieser freut sich bereits: «Das ist eine grosse Ehre, in den letzten Jahren haben ja meistens Bundesräte gesprochen.» Und worüber wird er sprechen? «Ich werde sicher keine polarisierende staatsbürgerliche Rede halten, sondern etwas Motivierendes zu einem gesellschaftlichen Thema sagen.»
In Uri sei die Erleichterung gross, dass der Konflikt gelöst und Flüelen nicht als Abfahrtsort vorgesehen sei, sagt Dittli. «Unter solchen Umständen hätte ich nicht zugesagt. Denn ich wollte nicht, dass der Eindruck entsteht, ich spräche auf dem Rütli und meinem Kanton entstünden zusätzliche Kosten.» Mit diesem Konzept gehe er davon aus, dass für Uri im Vergleich zu den Vorjahren keine zusätzlichen Kosten entstünden.
Ähnlich tönt es aus Schwyz und Luzern. «Wir haben uns immer gewünscht, dass man die Feier wie früher wieder auf eine regionalere Basis stellt«, sagt der Schwyzer Sicherheitsdirektor Alois Christen (FDP). Und Stämmer geht davon aus, «dass wir unseren Sicherheitsauftrag im Rahmen der normalen Polizeiarbeit erfüllen können. In Luzern finden schliesslich immer wieder grössere Anlässe statt.» Gleichzeitig vermutet sie, dass die Feier durch die regionalere Ausrichtung wieder in ruhigere Bahnen gelenkt wird. Neben Dittli wird auch das Free-Jazz-Ensemble mit dem Perkussionisten Pierre Favre auftreten.
Herbert Ammann hofft auf eine friedliche Feier. Die Gruppe der Störenfriede sei seit 2005 kleiner geworden. «In den letzten beiden Jahren haben immer weniger von ihnen überhaupt versucht, ein Ticket zu bestellen.» Heute sei die Chance, die Feier zu sabotieren, «klein bis sehr klein», so Ammann. Da stelle sich für potenzielle Unruhestifter natürlich die Frage, ob sich der Aufwand lohne.
2000 Rütli-Tickets
Auch in diesem Jahr wird der Zugang aufs Rütli mit einem Ticketsystem geschützt. 2000 Billette werden an die Besucher vergeben. «Das System wurde von den Polizeien sehr gewünscht, weil es ihre Arbeit erleichtert», sagt Herbert Ammann von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG). Deshalb habe man auch in diesem Jahr wieder auf das bewährte System zurückgegriffen. Die Tickets können ab Juni bei der SGG bestellt werden dazu wird ein spezielles Formular ins Internet gestellt. Pro Formular und Person können maximal sechs Tickets bestellt werden. Diese sind nur mit einem Personalausweis gültig.
Rütli-Bomber weiterhin in Haft
Nach dem Sprengstoffanschlag auf der Rütliwiese am vergangenen 1. August bleibt nach wie vor ein Verdächtiger in Haft. Der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts liegt ein dringender Tatverdacht vor. Zudem bestehe Verdunkelungsgefahr, wie die Bundesanwaltschaft gestern auf Anfrage mitteilte. Der Mann war im vergangenen Januar wegen dringendem Tatverdacht verhaftet worden. An der Feier auf dem Rütli war am 1. August 2007 ein kleiner Sprengsatz mittels Zeitzünder zur Explosion gebracht worden. Verletzt wurde niemand. Anfang September detonierten dann an den Wohnorten von drei Verantwortlichen der Rütli-Feier weitere Sprengsätze.