Tages-Anzeiger: Wegen der Rechtsrock-Konzerte in der Ostschweiz fordert die St. Galler SP den Rücktritt von Polizeichef Bruno Zanga. SP-Regierungsrat Fredy Fässler hält zu ihm, kritisiert aber die Kommunikation.
Der Umgang der St. Galler Polizei mit Rechtsextremen sei «unprofessionell und fahrlässig» gewesen, schrieb die SP St. Gallen gestern auf ihrer Website. Und zieht den Schluss: Kantonspolizeikommandant Bruno Zanga muss zurücktreten. Pikant dabei: Dessen Chef, Sicherheitsdirektor Fredy Fässler, ist ebenfalls SP-Mitglied – und er stellt sich hinter seinen Polizeichef. «Der Kommandant hat genau das gemacht, was vorgegeben war», sagt er auf Anfrage des TA.
Was war geschehen?
Mitte Oktober reisten 6000 Rechtsextreme aus ganz Europa nach Unterwasser TG und feierten gemeinsam mit Rechtsrock-Bands in der Tennishalle. Die Polizei beobachtete den Anlass, schritt aber nicht ein, um eine Eskalation zu verhindern. «Dieses polizeiliche Handeln war gut: Es wäre unverantwortlich gewesen einzugreifen», sagt Fässler.
Zögerliche Kommunikation
Die Kantonspolizei hatte das Konzert zuerst heruntergespielt und es als privaten Anlass bezeichnet. Sie kommunizierte erst deutlicher, nachdem bekannt wurde, dass es sich um eines der grössten Rechtsextremenkonzerte in der Schweiz gehandelt hatte. Daraufhin teilte sie mit, solche Veranstaltungen nicht mehr zu tolerieren und auf die Einhaltung der Rassendiskriminierungsstrafnorm zu achten.
Wenige Tage später fand im st.-gallischen Kaltbrunn aber ein weiteres Konzert von Rechtsextremen mit 70 Besuchern statt – organisiert von der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Warum der Anlass entgegen der Ankündigung der Polizei trotzdem durchgeführt werden konnte, kann auch Regierungsrat Fässler nicht abschliessend erklären: «Der Anlass in Kaltbrunn war legal. Den Auftritt des Sängers wollten wir mit einer Einreisesperre verhindern.»
Tatsächlich hatte die Kantonspolizei St. Gallen zusammen mit anderen Stellen eine Verfügung gegen einen der Sänger erwirkt. Dieser gelang jedoch unerkannt und in einem fremden Fahrzeug in die Schweiz und konnte im Gasthaus Löwen in Kaltbrunn auftreten. Davon erfuhr die Öffentlichkeit zunächst nichts. Die Polizei erklärte lediglich, sie habe den Sänger in der Schweiz aufgegriffen und zurück an die Grenze gebracht. Erst nachdem in den Medien über den Auftritt des Sängers berichtet worden war, räumte die Polizei auch diesen Sachverhalt ein.
Regierungsrat Fredy Fässler hält mit Kritik an der Informationspolitik nicht zurück: «Die Kommunikation der Polizei war nicht gut. Sie hat nur reaktiv reagiert.» Und: Die Beamten seien zu defensiv vorgegangen. «Es war eine Fehleinschätzung; die Polizei hätte eingreifen müssen», sagt Fässler.
Trotzdem möchte der Regierungsrat von einem Rücktritt des Polizeikommandanten Bruno Zanga nichts wissen. «Ich stelle mich vor die Polizei. Herr Zanga macht seine Sache sehr gut.»
Diese Meinung vertreten auch die bürgerlichen Parteien CVP, FDP und SVP. Zwar kritisieren sie in einer gemeinsamen Medienmitteilung, dass die beiden rechtsextremen Veranstaltungen stattgefunden haben. Die gewählte Vorgehensweise an beiden Konzerten zeuge jedoch von einem guten Krisenmanagement der Polizei. Beide Anlässe seien ohne Zwischenfälle verlaufen, und niemand sei zu Schaden gekommen.
Aussprache mit der SP
Weit deutlicher in ihrer Kritik an Polizeichef Zanga ist seine eigene Partei, die SP St. Gallen. Diese schrieb, die Kantonspolizei habe mit ihrem Vorgehen nur die rechtsextremen Organisationen gestärkt. Und wundert sich, wie solche Veranstaltungen geplant und organisiert werden konnten, ohne dass die Kantonspolizei und die zuständigen Behörden davon erfuhren. Gleichzeitig fordert die Partei, die Kantonspolizei dürfe künftig bei ihren Einsätzen nicht wegsehen und solle mit aller Entschiedenheit der rechtsextremen Szene im Kanton entgegentreten.
Solche Anlässe im Kanton dürfen sich auch für Regierungsrat Fredy Fässler nicht wiederholen. Der Sicherheitsdirektor will dafür sorgen, dass das Thema nicht an Bedeutung einbüsst und auch in zwei Jahren noch präsent ist. Mit seiner Partei werde es eine Aussprache geben, kündigte er an.
Polizeikommandant Zanga selbst wollte keine Auskunft geben. Auch sein Sprecher Gian Andrea Rezzoli möchte sich nicht weiter zur Sache äussern, räumt aber ein: «Im Nachhinein betrachtet, würden wir es ein nächstes Mal anders machen.»