Strafanzeige eingereicht
Das Treffen der rechtsradikalen «Hammer-Skinheads» vom Samstag im solothurnischen Schönenwerd hat ein Nachspiel. Bei der Staatsanwaltschaft desKantons Solothurn wurde am Montag Strafanzeige wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz eingereicht. Auch das Verhalten der Polizei wurdekritisiert.
sda. Laut dem Solothurner Staatsanwalt Matthias Welter ist das Untersuchungsrichteramt verpflichtet, der Sache nachzugehen. Sollten bei dem als «Grillparty»deklarierten Treffen rassistische Äusserungen gefallen sein, könnte der Staatsanwalt aufgrund des Anfang Jahr in Kraft getretenen Antirassismusgesetzes dieVerantwortlichen einklagen, erklärte der Freiburger Staatsrechtsprofessor Thomas Fleiner auf Anfrage.
Bei dem Treffen am Samstag abend in einem Wald im solothurnisch-aargauischen Grenzgebiet hatten sich gemäss einem Bericht der «SonntagsZeitung» einigeSkinheads mit «Heil-Hitler»-Parolen und einschlägigen Zeitschriften als Neonazis zu erkennen gegeben. Die Kantonspolizeien Solothurn und Aargau, die denAnlass beobachteten, sahen jedoch nach eigenen Angaben keinen Grund zum Einschreiten.
Nach Ansicht des Basler Strafrechtsprofessors Mark Pieth sind «Heil-Hitler»-Rufe keine «pubertären Äusserungen», sondern Parolen zur Verbreitung dernationalsozialistischen Ideologie und vergleichbar mit dem Anbringen eines Hakenkreuzes an einer Wand. Der rassistische Gehalt der Nazi-Ideologie seieindeutig gegeben, da deren Konsequenzen, die Judenvernichtung, bekannt seien. Die Polizei hätte deshalb repressiv eingreifen müssen, wenn solche Parolengefallen oder Nazi-Embleme gezeigt worden seien, erklärte Pieth.
Den Kantonspolizeien Aargau und Solothurn waren am Samstag abend nach eigenen Angaben keine rassistischen Äusserungen zu Ohren gekommen. DieÜberwachung der Veranstaltung beschränkte sich seitens der Aargauer auf die Ankunft der Teilnehmer beim Bahnhof Aarau. Die Solothurner hielten sich nacheigenen Angaben im Hintergrund.
Die Solothurner Polizei sei unterdotiert gewesen, bestätigte der Schönenwerder Gemeindepräsident Peter Meier einen Bericht von Radio DRS. Man wolle undkönne nichts unternehmen, um «kriegsähnliche Zustände wie in Deutschland» zu vermeiden, habe ihm der diensttuende Beamte erklärt. Die Organisatoren derVeranstaltung hatten laut Meier keine Bewilligung eingeholt. Auf einem anonymen Flugblatt habe ein «Verein» auf die «Party» beim öffentlich zugänglichenRastplatz hingewiesen. Als problematisch wertete der Gemeindepräsident die Tatsache, dass die Skinheads das Gelände eigenmächtig hermetisch abgeriegelthätten.
Versammlungen von Rechtsradikalen sind nach schweizerischer Gesetzgebung nicht strafbar. Straftaten, darunter auch Verstösse gegen dasAntirassismusgesetz, müssen aber durch die zuständigen Kantonsbehörden verfolgt werden. Diese könnten auch ein präventives Versammlungsverbotaussprechen, erklärte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Peter Lehmann.
Die «Hammer-Skinheads» sind der Bundespolizei seit geraumer Zeit bekannt. Der Rechtsradikalismus-Experte und «WoZ»-Mitarbeiter Jürg Frischknecht schätztsie als die wichtigste Gruppierung in der Schweizer Szene der jungen Rechtsradikalen ein. Die Hammer-Skins vertrieben militant rassistische undgewaltverherrlichende Publikationen. Der Aufmarsch in Schönenwerd sei der bisher grösste gewesen und dürfe nicht verharmlost werden.