Tages-Anzeiger vom 16.08.2011
Wegen Körperverletzung und Rassendiskriminierung hat das Bezirksgericht Dietikon einen 28-jährigen Aargauer mit acht Monaten bedingt bestraft.
Von Thomas Hasler
Dietikon – «Sie haben ein zutiefst asoziales Verhalten an den Tag gelegt», sagte Ersatzrichter Benedikt Hoffmann gestern bei der Urteilseröffnung. «Wenn noch einmal etwas passiert, gehen Sie in die Kiste. Hier und heute ist fertig», redete er dem 28-jährigen Aargauer ins Gewissen.
Vor Gericht stehe, das machte Hoffmann auch klar, nicht die grundsätzliche Gesinnung des bekennenden Rechtsradikalen und Mitglieds der «Kameradschaft Baden-Wettingen». Aber wenn die Gesinnung zu Straftaten führe, wenn sie das Motiv der Taten bilde, dann spiele sie eben doch eine Rolle. Davon hatte der 28-Jährige zuvor nichts wissen wollen. Als Grund für die Taten und als Grund, warum seine vier einschlägigen Vorstrafen nichts bewirkt hatten, gab er seinen übermässigen Alkoholkonsum an. «Sonst kann ich es mir auch nicht erklären», sagte er.
Der Mann und seine Kameradschaft waren im Sommer 2007 an einem Grümpelturnier mit einer Gruppe Deutscher derart aneinandergeraten, dass die Polizei gerufen werden musste. Als diese auf dem Platz erschien, empfing er sie mit dem Hitlergruss, schrie «Sieg Heil» und fügte an, «die Gestapo wusste schon, was zu tun ist». Knapp drei Monate später begegneten er und seine Gesinnungsgenossen an einer Bushaltestelle in Baden einem dunkelhäutigen 16-Jährigen. Er beschimpfte den Jugendlichen als «Scheissneger» und schlug ihm mehrere Male die Faust ins Gesicht. Eine Stunde später schlug er einen Mann, dem Namen nach einen Serben, nach kurzer Unterhaltung «bewusst und völlig unvermittelt» mit einer Kopfnuss nieder.
Der Gewalt abgeschworen
Vor Gericht gab der 28-Jährige den Geläuterten. Er und seine Kameraden hätten eingesehen, dass «Gewalt nichts bringt». Sie würden jetzt versuchen, auf anderen Wegen, «mit legaler Öffentlichkeitsarbeit wie Vorträgen», ihre Ideen unters Volk zu bringen. Dass er sich von seinen rechtsextremen Ansichten distanzieren könnte, ist nicht zu erwarten. «Die Einstellung wird sich nie ändern», zitierte sein Verteidiger aus einer Einvernahme des Mannes, welcher der entsprechenden Szene seit seinem 16. Lebensjahr angehört.
Dass die Staatsanwaltschaft neben dem Widerruf einer dreimonatigen Gefängnisstrafe eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen beantragte, setzte dem Gericht ein zu wenig deutliches Zeichen – ganz zu schweigen vom Antrag des Verteidigers, eine Strafe von 200 Tagessätzen auszusprechen. «Mit einer Geldstrafe ist es nicht mehr getan.» Die Freiheitsstrafe von acht Monaten wurde trotzdem nur bedingt verhängt. Dem Mann, der mit einer Therapie seine Aggressionen in den Griff bekommen soll, wurde eine gute Prognose gestellt. Die rassistisch gefärbten Straftaten liegen immerhin schon vier Jahre zurück.