Skins und Fans kommen sich näher
Die rechtsextreme Szene wird gemäss dem neusten Staatsschutzbericht immer grösser, jünger und aktiver. Die Hooligan-Szene rund um Fussball- und Eishockeyclubs wird zum Rekrutierungsfeld.
*Denis von Burg
Auch wenn sich die Bundespolizei nicht auf statistische Details einlassen will, der Trend ist klar und deutlich. Die rechtsextremistische Szene in der Schweiz wächst, und dies vor allem in der deutschen Schweiz. Der harte Kern der gewaltbereiten rechtsextremen Szene besteht gemäss Staatsschutzbericht der Bundespolizei aus 600 bis 700 Skinheads. Als eine Art Dachorganisation gelten nach wie vor die «Hammerskins». Neu in Erscheinung getreten ist ein Ableger der internationalen «Blood & Honour» Bewegung», die rassistisches, fremdenfeindliches und antisemitisches Gedankengut predigt, sich aber auch des Vokabulars der Rechtsparteien bedient und Schlagworte wie «Kampf gegen Überfremdung» und «absolute Unabhängigkeit der Schweiz von ausländischem Einfluss» benützt. Die Gruppe, die im Dezember 1998 in Basel gegründet worden sein soll, hat bereits Mitglieder in den Kantonen Aargau, Bern, Baselland, Waadt und Zürich.
Skins und Sport
Die rechtsextreme Szene verjüngt sich. Die Mehrheit der Skins ist gemäss Bericht zwischen 16 und 22 Jahre alt. Und Rekrutierungsfelder sind immer mehr auch die Sportstadien des Landes. Was Clubverantwortliche teilweise noch immer nicht wahrhaben wollen, Polizeiorgane aber schon längere Zeit feststellen, ist jetzt auch für den Schweizer Staatsschutz eine Gewissheit: Die Fanszene – vor allem im Eishockey und Fussball – pflegt eine unübersehbare Nähe zum Rechtsextremismus. «Das Ansteigen der Zahl der Skinheads ist auch auf einen Generationenwechsel und den Nachzug sehr junger Mitglieder aus der Hooligan-Szene rund um Eishockey- und Fussballteams zurückzuführen», schreibt die Bundespolizei. «Seit etwa drei Jahren stellen wir eine vermehrte Präsenz von Skins in unseren Sportstadien fest», hältt Fritz Schlüchter, Leiter des Informationsdienstes (früher Nachrichtendienst) der Stadtpolizei Bern, fest. Schlüchter spricht von einer «Vermischung der Hooligan-Szene mit dem rechtsextremen Milieu». In den Sportstadien, so Schlüchter, fänden junge Leute oft den Weg in rechtsextreme Gruppen. «Im Rahmen von Sportveranstaltung», sagt der Rechtsextremismus-Spezialist Hans Stutz, «wird das Netzwerk der Rechten ausgebaut.» Die Stadien von St. Gallen, Basel und Bern gelten als Hochburgen der Skins. Beispiel Bern: Auf der Stehplatzrampe des SC Bern, schätzt Schlüchter, seien regelmässig 30 bis 50 Hooligans und als rechtsextrem bekannte Skins anwesend. Und Beobachter des Fussballclubs YB gehen davon aus, dass sich bei Heimspielen 50 bis 100 Rechtsextreme unter die wenigen Zuschauer mischen. Längst verkehren im YB-Fanclub «East Side» Personen, die auch bei rechtsextremistischen Übergriffen, etwa gegen Häuserbesetzer, auffallen.
Gewaltbereit
Die rechtsextreme Szene wird aktiver und gewalttätiger: 1998 wurden 13 bedeutende Treffen gemeldet, letztes Jahr 19. «Anlass zur Sorge gibt die weitere Zunahme der Gewaltbereitschaft», heisst es. Die Zahl der gewalttätigen Aktionen nahm von acht auf elf zu. Die Anschläge auf Asylberwerberunterkünfte haben sich mit 11 Übergriffen gegenüber 1998 fast vervierfacht. Exponenten der rechtsextremen Szene werden immer wieder in Strafverfahren verwickelt, wegen Übergriffen auf Personen oder Verstösse gegen das Waffengesetz. Für mehrere dieser Anschläge seien Skinheads verantwortlich. Verschiedentlich hat die Polizei Schlagwaffen, Molotowcocktails und auch Schusswaffen beschlagnahmt.u