Hans Stutz
Das Nationale Forschungsprogramm «Rechtsextremismus – Ursachen und Gegenmassnahmen» (NFP40+) erhielt schon vor der Veröffentlichung des Schlussberichtes Prügel. Er wünsche nicht, dass man solche Projekte wiederhole, meinte Bundesrat Pascal Couchepin (FDP) im Herbst 2007. Er stützte damit einen Vorstoss des SVP-Ständerates Maximilian Reimann, der «eine Verschleuderung von Bundesmitteln» kritisiert hatte, da doch «das linksextremistische Kriminalitätspotenzial wesentlich grösser» sei als das rechtsextreme. Und auch der SVP-Pressedienst hatte im Frühjahr 2007 befunden: Keine staatlichen Gelder für Rechtsextremismusforschung.
Vor knapp acht Jahren hatte es noch anders getönt, wenn auch nicht bei der SVP. Angeregt durch die medialen und politischen Auswirkungen der «Rütli-Schande» vom 1. August 2000 beschloss der Bundesrat im Sommer 2001, Forschung zum Thema Rechtsextremismus zu fördern, insbesondere um Massnahmen zu ermitteln, mit welchen dieser wirkungsvoll bekämpft werden könnte.
Nur auf Englisch
Am Dienstag dieser Woche beklagten die NFP-Verantwortlichen an einer Medienkonferenz zuerst den geringen Wissensstand über Rechtsextremismus. Gleichzeitig legten sie ihren Schlussbericht vor – allerdings nur in englischer Sprache. Die Projektverantwortlichen betonten, sie wollten den Anschluss an die internationale Rechtsextremismusforschung erreichen. Daran ist nichts auszusetzen, nur folgt daraus nicht zwingend der Verzicht auf Publikation in den Landessprachen. Das bestellte, jedoch nur noch wenig erwünschte Wissen wird also vornehmlich Forscher Innen vorbehalten bleiben. Oder anders ausgedrückt: Die Förderung von Forschung ist zur Förderung von ForscherInnenkarrieren mutiert.
Die Ergebnisse sind zudem wenig überraschend. Die Entwicklung in der Schweiz unterscheidet sich nur gering von jener in anderen westeuropäischen Ländern. Es besteht eine Divergenz zwischen dem Selbstverständnis liberaler westlicher Gesellschaften einerseits und dem Bedürfnis vieler BürgerInnen nach nationaler Identität und Abwehr von Fremden andererseits. Im europäischen Vergleich nimmt der «Rechtspopulismus» der SVP und ihrer Umfeldorganisationen eine Pionierrolle ein. Je bedeutender «Rechtspopulismus» in einer Gesellschaft ist, desto mehr Aufmerksamkeit erhalten Rechtsextremist Innen. Rechtsextreme Einstellungen zeigen sich primär bei jungen Erwachsenen.
Aufgabe der Zivilgesellschaften
Trotz den von Couchepin geäusserten Vorbehalten will der Bundsrat – gestützt auf die NFP-Studien – ein Monitoring «Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus sowie Rechtsextremismus und Gewalt» auf die Beine stellen lassen. Dies hat er bereits 2007 beschlossen, weiterführende Entscheide sind allerdings erst in der zweiten Hälfte 2009 zu erwarten. Es wird auch in Zukunft eine Aufgabe von engagierten Mitgliedern der Zivilgesellschaft bleiben, bei rechtsextremen Mobilisierungen aufklärend und gegenmobilisierend einzugreifen. Immerhin sind auch die NFP-AutorInnen zur Erkenntnis gekommen, dass auf Gemeindeebene der Schulterschluss aller wesentlichen Akteure eine wichtige präventive Rolle spielt.