Rechtsextremismus – (k)ein Thema?

Südostschweiz

Vortragsreihe bestätigt es, Fremdenhass ist im Glarnerland weitgehend ein Tabu

Eine dreiteilige Vortragsreihe über Rechtsextremismus der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Glarus-Riedern, der katholischen Pfarrei St. Fridolin und der Volkshochschule Glarus brachte viel Wissenswertes über die rechtsextreme Jugendszene ans Licht. Allein das Interesse von offizieller Seite fehlte weitgehend.

· von Swantje Kammerecker

Dass der Rechtsextremismus im Glarnerland von offizieller Seite nicht als relevant eingeschätzt wird, erfuhr auch Veranstaltungs-Organisator Pfarrer Andreas Gäumann, als er sich erkundigte, ob wegen der Vortragsreihe über Rechtsextremismus gewisse Vorsichtsmassnahmen vonnöten seien.

Die Antwort lautete nein: Das Problem liege eher bei ausländischen Jugendlichen, die sich zusammenrotten würden, als bei einheimischen Fremdenhassern. «Rechtsextreme Tendenzen sind fast überall ein Tabuthema», bestätigt auch Franz Kohler, der am Donnerstag, 27. Februar, das Abschlussreferat zum praktischen Teil «Was können wir tun?» hielt.

Als Sozialarbeiter und Verantwortlicher der Anlauf- und Beratungsstelle für Rechtsextremismus im Kanton Basel-Land weiss Kohler, dass oft erst dann eine Wahrnehmung einsetzt, wenn es bereits zu gewalttätigen Zusammenstössen gekommen ist. Dann bekommt er als freischaffender Sozialarbeiter den Auftrag, Gespräche mit den Schwierigen zu führen und Schlimmeres zu verhindern – dabei sei die Chance, schon im Vorfeld effektive Deeskalation zu betreiben viel grösser, wenn zwischen Schule, Polizei, Sozialarbeit, Politik usw. ein offener und konstruktiver Dialog stattfinde.

Ein Zusammenstehen und Empowerment öffentlicher Personen sei nötig – und gegenüber den meist männlichen Jugendlichen eine Haltung, die Akzeptanz der Person und ihrer Sorgen beinhaltet wie auch eine klare Grenzziehung gegenüber dem inakzeptablen Verhalten.

Kohler räumte auch mit gewissen Vorurteilen auf, wonach rechtsextreme Tendenzen kein Phänomen in unterprivilegierten Schichten sind, sondern sich eher in der (auch gehobenen) Mittelschicht abspielen. Das Verhalten dieser Jugendlichen sei nicht isoliert zu betrachten – es korreliert sehr gut mit dem hinter der vorgehaltenen Hand geäusserten Gedankengut der Erwachsenen.

Wenn falsch angepackt, dann selbst den Brandsatz gelegt

Die Rolle der Presse sei zwiespältig: Sie wolle zwar aufklären, verschaffe aber durch publikumswirksame Berichte über rechtsextreme Aktivitäten diesen oft erst recht Gehör: «Wenn Sie es falsch anpacken, haben Sie selbst den Brandsatz gelegt.»

Anwesenden Pädagoginnen und Pädagogen, welche sich gegen den Rechtsextremismus stark machen wollen, rät er, das Thema nicht explizit zum Projekt zu machen (da dies einen latenten Rechtsextremismus aufwecken könne) sondern sich eher im Bereich Gewaltprävention einzusetzen oder im Schulkollegium Strategien zum Umgang mit dem Problem zu erarbeiten.

Satanismus und Keltenkult

Dass Rechtsextremismus oft ein Ausdruck der Suche nach (wenn auch destruktivem) Sinn ist, machte das Referat von Georg Otto Schmid, Mitarbeiter der Informationsstelle «Kirchen, Sekten, Religionen» in Greifensee, deutlich.

An diesem Abend, dem 20. Februar, war mit gut 40 Leuten die grösste Teilnehmerzahl erreicht und der engagierte und frisch verfasste Vortrag des Theologen über rechtsextreme religiöse (ausschliesslich nicht-christliche) Gruppen fesselte.

Am 13. Februar hatte Jürg Frischknecht, Journalist und viel gefragter Experte zum Thema, mit einem routinierten Vortrag eine Einführung über rechtsextreme Bewegungen in der Schweiz gegeben. Nach den Referaten gab es immer wieder anregende Diskussionen, doch man hätte sich gewünscht, dass diese noch auf viel breiterer Basis geführt worden wären.

Die Beteiligung der Regierung und der Exekutive fehlte, und die wenigen anwesenden Jugendlichen verabschiedeten sich, ohne sich am Austausch zu beteiligen.

Dabei sollte uns auch interessieren, wie diese Generation über das Thema denkt.