Neue Luzerner Zeitung vom 16.07.2012
Uri Die Partei National Orientierter Schweizer will eine eigene Rütli-Feier abhalten – und zwar am 5. August. Das ist zwar nicht erlaubt, wird aber geduldet.
Robert Knobel
robert.knobel@luzernerzeitung.ch
Der Aufruf erfolgte über Internetforen und Facebook: Am 5. August will die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) auf dem Rütli eine Feier abhalten. Es soll eine «patriotische Feier der nationalen Bewegung» werden, wie die «Sonntagszeitung» schreibt. Laut dem Artikel hat die Pnos die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG), welche die Rütliwiese verwaltet, per E-Mail über das geplante Treffen informiert. Auch die Polizei ist informiert. «Wir werden vor Ort sein und Präsenz zeigen», zitiert die «Sonntagszeitung» Karl Egli, Sprecher der Kantonspolizei Uri.
Seit 2006 für Rechtsextreme tabu
Damit setzen die Rechtsextremen ihre Tradition fort, ein paar Tage nach der offiziellen Bundesfeier aufs Rütli zu reisen und ihre eigene Feier abzuhalten. Denn seit der Einführung des Ticketsystems im Jahr 2006 ist einschlägig bekannten Rechtsextremen die Teilnahme an der 1.-August-Feier auf dem Rütli verwehrt. Seither organisieren diese jeweils ein paar Tage später ihre eigene Feier. So trafen sich am 2. August 2009 und am 8. August 2010 jeweils rund 150 Mitglieder und Sympathisanten der Pnos auf dem Rütli. Auch im vergangenen August fand eine Feier statt. Die Anlässe erhielten von Jahr zu Jahr weniger Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Das ist ganz im Interesse der SGG, welche die Rechtsextremen-treffen nicht an die grosse Glocke hängen möchte.
«Unanständiges Treffen»
Die Feier der Pnos ist bei der SGG klar unerwünscht. Denn politische Treffen sind auf der geschichtsträchtigen Wiese tabu. In die Schlagzeilen geraten ist diese Weisung letztmals vor einem Jahr, als die SVP auf dem Rütli einen Kaderrapport mit 70 Personen abhielt. Konsequenzen hatte dies für die SVP keine – genauso wenig wie die Pnos je für ihre Rütli-Versammlungen zur Rechenschaft gezogen wurde. Martin Hofer, Sprecher der SGG, betont, dass die Pnos «nicht willkommen» und die Organisation einer solchen Feier «unanständig» sei. Dagegen vorzugehen sei hingegen schwierig. «Selbst wenn es uns gelingt, die Zusammenkunft zu verhindern, findet sie einfach ein paar Tage später statt.»
Hausordnung mit Lücken
Ob die Teilnehmer von politischen Veranstaltungen auf dem Rütli mittels Verzeigung oder Busse belangt werden können, ist fraglich. Denn obwohl sich die SGG klar gegen politische Manifestationen jeglicher Art stellt, ist dies in der Rütli-Hausordnung nicht geregelt. Darauf weist auch der Bundesrat in seiner Antwort auf ein Postulat der Luzerner CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann hin. Glanzmann wollte erreichen, dass künftig politische Parteien auf dem Rütli Anlässe durchführen dürfen. Der Bundesrat hält fest, dass das Parteiverbot einer gängigen Praxis seit der Zeit des Zweiten Weltkriegs entspreche und Gesuche von Parteien bisher immer abgelehnt worden seien. Auch ein Gesuch der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) wurde schon abgelehnt. Der Bundesrat stellt für die Zukunft aber eine «differenzierte Regelung» in Aussicht, welche politische Anlässe unter gewissen Bedingungen erlaubt.
Auch wenn in der Rütli-Hausordnung nicht offiziell steht, dass politische Treffen verboten sind, ist das Pnos-Treffen dennoch illegal. Denn Versammlungen von mehr als 50 Personen sind bewilligungspflichtig – und ein Gesuch für eine Bewilligung hat die Pnos nicht gestellt.
Trotzdem ist davon auszugehen, dass die Urner Polizei die Rechtsextremen auch diesmal gewähren lässt. Es sei denn, sie würden sich durch rassistische Äusserungen oder das Mitführen von Waffen strafbar machen. Martin Hofer geht davon aus, dass sich das Pnos-Treffen im Rahmen der letztjährigen Feiern bewegen wird. Gleichwohl ärgert er sich über die SVP, die mit ihrem nicht bewilligten Parteirapport von 2011 der Pnos «eine neue Motivation» geliefert habe, ebenfalls nicht bewilligte Treffen auf dem Rütli abzuhalten.
Offizielle Feier: Jugend im Zentrum
Was die offizielle Rütli-Feier am 1. August betrifft, steht diese im Zeichen des 100-Jahr-Jubiläums von Pro Juventute. Festredner wird der Grüne Genfer Nationalrat Antonio Hodgers sein.