Rechtsextreme wird der Arbeitgeber kaum mehr los

TagesAnzeiger

Einvernehmlich hat sich eine Berufsschule von ihrem rechts- extremen Lehrer getrennt. Eine Kündigung wäre kaum zulässig gewesen. Selbst wer verurteilt wird, muss nicht immer gehen.

Von Philipp Mäder, Bern

Der 22-jährige Cédric Rohrbach studiert Informatik, gab bis vor kurzem an der Berufsschule Langenthal Computerunterricht und spielt in seiner Freizeit Schlagzeug. So weit, so gut. Doch Rohrbach spielt nicht irgendwo, sondern bei der Band «Indiziert». Diese ist vor allem in rechtsextremen Kreisen bekannt. Und singt etwa: «Für eine reine, weisse Schweiz. Wir müssen kämpfen, und das mit Fleiss.»

Das passte dem Rektor der Berufsschule Langenthal nicht. Er suchte das Gespräch mit Rohrbach. Und löste das Arbeitsverhältnis Anfang Dezember «im gegenseitigen Einverständnis» auf, wie «20 Minuten» gestern berichtete. «Es geht nicht an, dass wir an unserer Schule jemanden mit einer extremistischen Einstellung beschäftigen», sagt Rektor Thomas Zaugg. Daran ändere nichts, dass die Band das Anti-Rassismus-Gesetz nicht verletzt hat. Ein entsprechendes Verfahren stellte das Einzelgericht Burgdorf nämlich ein. Die Texte seien zwar klar fremdenfeindlich, befand der Richter. Sie würden aber nicht gegen das Gesetz verstossen.

Rohrbach selbst findet es zwar nicht korrekt, dass er die Stelle an der Berufsschule verlassen musste. «Niemand darf wegen seiner politischen Meinung entlassen werden.» Dennoch willigte er in die Trennung ein. «Ich wollte einen Medienrummel vermeiden.» Zudem sei es nur um drei Lektionen pro Woche gegangen.

Bei Lehrern spielt Freizeit eine Rolle

Rektor Zaugg kann von Glück sprechen, dass Rohrbach einwilligte, anstatt eine allfällige Kündigung vor Gericht anzufechten. Denn dort hätte der Informatikstudent wohl Recht bekommen. Zwar seien Lehrer öffentliche Personen, bei denen die Freizeitbeschäftigung eine Rolle spiele, sagt Michael Gerber vom Verband der Lehrerinnen und Lehrer Bern. «Aber auch für sie gilt die Meinungsäusserungsfreiheit.» Eine rechte Gesinnung sei deshalb kein Kündigungsgrund, solange der Lehrer nicht gegen das Gesetz verstosse und sich im Unterricht neutral verhalte.

Dass man einen Rechtsextremen nicht einfach entlassen darf, hat auch der Kanton Aargau erfahren müssen. Er kündigte letztes Jahr einem Mitarbeiter des Strassenverkehrsamtes, der in der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) aktiv ist. Dies reiche als Grund nicht aus, befand eine Schlichtungsstelle. Und verknurrte den Kanton zu 10 000 Franken Entschädigung. Der Angestellte habe keine exponierte Funktion ausgeübt und deshalb dem Ansehen des Kantons nicht geschadet.

Wenig Verständnis für diese Argumentation zeigt Hans-Peter Fricker, Generalsekretär des Aargauer Departementes für Volkswirtschaft und Inneres. «Offenbar muss sich ein Kanton relativ viel gefallen lassen, wenn ein Angestellter nach aussen nicht in Erscheinung tritt.» Dabei habe es beispielsweise Anrufe von Journalisten gegeben, die von der Anstellung wussten. «Insofern ging es trotzdem um das Image des Aargaus.»

Die gegenteilige Meinung vertritt der St. Galler Arbeitsrechtsprofessor Thomas Geiser: «Die Pnos ist nicht verboten. Wenn der Staat deren Mitglieder trotzdem entlässt, kommt er in Teufels Küche.» Dies hätten die 50er-Jahre gezeigt, als man die Anhänger der kommunistischen Partei der Arbeit auf die Strasse gestellt habe. Auch Regula Rebecchi vom Eidgenössischen Personalamt sagt, in der Bundesverwaltung sei die politische Gesinnung per se kein Kündigungsgrund. Zumindest solange sich diese nicht «in der Erfüllung der Aufgaben, im Verhalten und in der Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter niederschlägt».

Keine automatische Entlassung

Geiser geht sogar noch einen Schritt weiter. «Auch wenn jemand gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm verstossen hat, kann man ihn nicht automatisch entlassen.» Vielmehr komme es auf die Funktion an. «Ein wegen rassistischer Äusserungen verurteilter Lehrer ist nicht tragbar, weil er für seine Schüler ein Vorbild ist.» Bei einem Informatiker hingegen spiele dies keine Rolle. Dieser Grundsatz gelte auch für die Privatwirtschaft, sagt Geiser. Im Gegensatz zum Staat ist dort allerdings eine Kündigung auch dann endgültig, wenn sie missbräuchlich war. Allenfalls wird aber eine Entschädigung fällig.