«Die Gewaltbereitschaft ist sehr hoch»
Münchenbuchsee sei zu einem Treffpunkt von rechtsextremen Jugendlichen geworden, sagte Patrizia Vökt (GFL) im Parlament. Sie ist froh, dass ein Vorstoss für einen Dorfpolizisten angenommen wurde.
*Jörg André
Verprügelte Jugendliche, Verfolgungsjagden durchs Dorf, ein Treffpunkt von rechtsradikalen Jugendlichen im «Red Rock»:Patrizia Vökt (GFL) zeichnete in ihrer persönlichen Erklärung im Münchenbuchser Parlament ein düsteres Bild der aktuellen Jugendszene im Dorf. «Wir haben in Buchsi ein Problem, und zwar ein Problem mit Rechtsradikalismus», sagte sie. Das Dorf sei in letzter Zeit zu einem Treffpunkt der rechtsradikalen Szene geworden. Ein Teil der einheimischen Jugendszene müsse klar diesem Umfeld zugeordnet werden, so Vökt weiter.
Schlägerei am Buchsimärit
Die Rechtsextremen hätten es auf Jugendliche abgesehen, die politisch eher links stehen:am Bahnhof, auf dem Kästliareal, auf dem Heimweg würden sie «angegriffen, angepöbelt, beleidigt und belästigt». Die Gewaltbereitschaft der rechten Seite sei dermassen hoch, dass sich die Jugendlichen der anderen Seite nicht auf Schlägereien einlassen, so Patrizia Vökt weiter. «Sie lehnen die Gewalt ab.» Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die «Linken» zurückschlagen. Doch dies ist in den letzten Wochen bereits geschehen:Am Buchsimärit zum Beispiel gerieten 30 bis 40 Jugendliche beider Lager aneinander. Der Anteil auswärtiger Jugendlicher war nach Angaben der Polizei gross. (siehe Kasten).
Die Angst geht um
Für Patrizia Vökt ist eines klar:Die «linken» Jugendlichen haben Angst, sich frei im Dorf zu bewegen. Sie ziehen es vor, nach Bern zu gehen, oder bleiben zu Hause. Es würden ihnen auch Vorschriften gemacht, wo sie sich überhaupt noch aufhalten dürfen. «Das sind unhaltbare Zustände.» Sie sei von Leuten aus dem Dorf angesprochen und als Parlamentarierin um Hilfe gebeten worden. «Der einzige Fehler, den wir machen können, ist nichts tun», rief sie in den Saal.
Ratslinke will mehr Polizei
Einen ersten Schritt in Richtung mehr Sicherheit in Münchenbuchsee hat das Parlament am gleichen Abend getan.
Gegen den Willen des Gemeinderates überwies der Rat eine Motion, welche die Anstellung eines Dorfpolizisten fordert.
Aufgaben wie die Vorbeugung von Vandalismus und Nachtlärm, die Verkehrskontrolle oder die Verkehrserziehung in den Schulen würden nicht mehr wahrgenommen, schreibt die GFL in ihrer Motion. Die Exekutive wollte den Vorstoss jedoch nur in der weniger verbindlichen Form eines Postulates entgegennehmen. «Wir sollten warten und schauen, welche Synergien mit dem Kanton genutzt werden können», sagte Gemeindepräsident Walter Bandi (SVP). Zudem seien Gespräche für eine gemeinsame Dorfpolizei mit der Nachbargemeinde Zollikofen im Gang.
Es sehe aus, als ob Münchenbuchsee polizeiliche Leistungen beim Kanton einkaufen könne, doppelte sein Parteikollege Jürg Münger nach. «Musterverträge sollen bereits im Herbst vorliegen.» Er stellte deshalb den Ordnungsantrag, das Geschäft zurückzustellen, bis der entsprechende Bericht des Kantons vorliege. Mit 18 zu 16 Stimmen lehnte es der Rat jedoch ab, darauf zu warten.
Personalmangel
«Die Motion verhindert den Einkauf von Polizeileistungen beim Kanton nicht», vertrat Patrizia Vökt den Vorstoss ihrer Fraktion. Aber dies sei kein Ersatz, nur eine Ergänzung. «Die Kantonspolizei leidet unter Personalmangel.» Sie habe dadurch zu wenig Leute für die eigene Arbeit, so Vökt. Unterstützt wurde sie von Karl Widmer (CVP). «Zwei Polizisten wären besser als einer», sagte er. Und die Zusammenarbeit mit Zollikofen sei auch gut. Er vertrete aber die Meinung, die Gemeinde solle das eine tun und das andere nicht lassen. Ein Argument, das bei der GFL, der SP und den Mitteparteien schliesslich eine Mehrheit fand:Mit 19 gegen 11 Stimmen wurde dem Gemeinderat der Auftrag erteilt, die Wiedereinführung einer Dorfpolizei an die Hand zu nehmen. FDP und SVP stimmten fast geschlossen dagegen.*
Einzelne VorfälleSkinheads trafen sich im Bärenriedwald
In den vergangenen Wochen haben die Skinheads in und rund um Münchenbuchsee erneut für Ärger gesorgt. Vielfach waren auch linke Jugendliche involviert. Die Kantonspolizei Bern bestätigt und schildert folgende Vorfälle:
Am Buchsimärit vor knapp zwei Wochen trafen 30 bis 40 Angehörige der «linken» und der «rechten» Szene aufeinander. Bei beiden Gruppen war der Anteil auswärtiger Personen gross. Da die Situation zu eskalieren drohte, wurde die Kantonspolizei alarmiert. Mehrere Patrouillen brachten die Auswärtigen dazu, dass sie Buchsi verliessen. Die Polizei bliebt im Dorf präsent. Ende Mai wurde eine Gruppe von Jugendlichen beim Bräteln von zwei Angehörigen der rechten Szene bedroht und verprügelt. Von beiden Seiten wurden mehrere Strafanzeigen eingereicht. Den «Linken» wird Verleumdung und Drohung angelastet, den «Rechten» Tätlichkeit und Drohung. Zudem ist eine Strafanzeige von Amtes wegen gegen Rechtsradikale hängig. Dabei geht es um den Verstoss gegen die Antirassismus-Strafnorm.
Am 15.April haben sich 50 Skinheads aus verschiedenen Teilen der Schweiz in der Schützenstube im Bärenriedwald getroffen. Laut Pressesprecher Peter Abelin bemüht sich die Kantonspolizei gemeinsam mit der Gemeinde «mit beiden Seiten im Gespräch zu bleiben beziehungsweise das Gespräch zu finden».zw