Rechtsextreme in Luzern sorgen mit Video für Ärger

luzernzeitung.ch

Mit einem aufwendig produzierten Video setzt sich eine rechtsextreme Gruppierung in Luzern in Szene. Vermummte Gestalten in militärischer Aufmachung sollen darin zu Rap-Songs Eindruck machen.

Sandro Renggli

Vermummt und mit Banner präsentiert sich die rechtsextreme Gruppierung im Video. Screenshot Telegram

Wie waren denn die alten Schwyzer? «Im Lieben blind, im Hassen tief», beantwortet die Stimme eines alten Mannes mit Schwyzer Dialekt diese Frage. Währenddessen zu sehen: vermummte Männer in Militäruniform, bei Liegestützen und Klimmzügen. Dazu flackern die Titel von rechtsextremen Büchern über den Bildschirm. Diese Szenen stammen aus einem Video der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat», das vor wenigen Tagen in einem gleichnamigen Telegram-Kanal veröffentlicht wurde. Schon mehr als 13’000 Aufrufe hat das Video im Messaging-Dienst, 815 Accounts folgen dem Kanal, der erst im September erstellt wurde.

Das Video zeigt weitere Männer, allesamt verpixelt oder vermummt, beim Krafttraining und Boxen. Untermalt wird das ganze von wummernden Bässen: Songs der rechtsextremen deutschen Rapper Komplott und Prototyp bilden die musikalische Begleitung. «Wir wollen raus in das Licht!», verkündet der Songtext. Dazu posieren die Männer in militärischer Kleidung im Wald, in Luzern und Umgebung präsentiert die Gruppierung Banner mit der Aufschrift «Junge Tat». Ebenfalls auf den Bannern lesbar: NAF, kurz für «Nationale Aktionsfront».

Gruppierung bisher nicht bekannt

Die Nationale Aktionsfront ist eine rechtsextreme Gruppierung, die in der Deutschschweiz aktiv ist. Das Video erweckt den Anschein, dass nun auch die neue Gruppierung «Junge Tat» dazu gehört. «Diese Gruppe war mir noch nicht bekannt», berichtet Hans Stutz. Der Journalist kennt sich mit der rechtsextremen Szene aus. Eigentlich erinnere weder die Ästhetik des Videos mit seiner professionell anmutenden Produktion noch der Hip-Hop-Soundtrack an die Nationale Aktionsfront. «Das Hip-Hop-Genre ist in der Szene umstritten», erklärt Stutz.

Dennoch ist die Verbindung offensichtlich, nicht zuletzt, weil sich die NAF auch persönlich zu Wort gemeldet hat. Nachdem sich Hans Stutz in der Berichterstattung des Online-Portals «20 Minuten» zur Jungen Tat geäussert hat, spricht die NAF den Rechtsextremismus-Beobachter in ihrem eigenen Telegram-Kanal gleich persönlich an: «Du bekommst in Zukunft bestimmt noch einige Gelegenheiten dich zu unserem ‹aktivistischen› Flügel zu äussern», heisst es da mit einem Zwinker-Emoji in Bezug auf den Bericht.

Rechtsextreme wollen anwerben – halten sich jedoch bedeckt

Was das genau heissen könnte, ist laut Stutz unklar. «Das beunruhigt mich nicht», stellt er klar. Die Gruppierung wolle sich mit dem Video vor allem der Öffentlichkeit präsentieren und mögliche Sympathisanten auf sich aufmerksam machen. So sind im Video auch zahlreiche Kontaktmöglichkeiten und Links zur Telegram-Gruppe zu finden – «Menschen ohne rechtsextremes Gedankengut sind wohl kaum die Zielgruppe», so Stutz. «Mediale Öffentlichkeit versucht die Szene meist zu vermeiden.»

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) erwartet, dass Mitglieder der Schweizer rechtsextremen Szene sich eher bedeckt halten. «Es ist wahrscheinlich, dass sich die Szene weiter konspirativ verhält», heisst es im diesjährigen Lagebericht des NDB. Tendenzen zu vermehrter Gewaltausübung oder gar terroristischen Aktivitäten seien nicht festzustellen. «Die Rechtsextremen verfügen derzeit weder über tagesaktuelle Themen noch über eine Strategie.» Die Szene dürfte sich deshalb weiterhin mit Gewaltausübung zurückhalten.

Polizei hat Transparent entfernt

Die Luzerner Polizei hat ebenfalls durch Medienberichte von dem Video erfahren. «Zunächst gilt es, abzuklären, ob im Video überhaupt strafbare Handlungen zu sehen sind», erklärt Urs Wigger, Mediensprecher der Luzerner Polizei. Zur Produktion des Videos seien keine Meldungen eingegangen. Ein Transparent, welches im Video zu sehen ist, habe eine Patrouille der Polizei am Samstagmorgen in Kriens entfernt.

Die «Junge Tat» gab auf Anfrage unserer Zeitung keine Auskunft über ihre Pläne und den Sinn und Zweck ihres Videos. Sie ruft auf Telegram aber zu Aktion auf: «In dieser Zeit der Überfremdung unseres Landes und Zerstörung unserer Umwelt wird deine Stärke benötigt», schreibt die Gruppierung zu ihrem Video. Dieses solle aber «keineswegs zu kriminellen Handlungen anregen» – so heisst es zumindest am Ende des Videos.