In Langenthal kam es am Wochenende zu Schlägereien und Zerstörungen. Vor dem Spital gab es eine Auseinandersetzung zwischen Rechtsextremen und Türken. Zudem wurde das LaKuZ verwüstet.
Ruedi Bärtschi
Drei Verletzte bei einer Schlägerei vor dem Spital, ein demoliertes Jugendkulturzentrum LaKuZ und ein beschädigtes Auto: Etwa dreissig Rechtsextreme haben in der Nacht auf Samstag Langenthal heimgesucht.Das Unheil nahm am Freitagabend beim LaKuZ seinen Anfang. Gegen zehn Uhr trafen laut Polizei «mehrere Personen aus der rechten Szene» beim LaKuZ ein. Die Jugendlichen aus beiden Lagern schrien sich an; es blieb bei verbalen Auseindersetzungen. Die Lage beruhigte sich erst, als eine Patrouille der Kantonspolizei eintraf. Diese nahm die Personalien der beteiligten Personen auf und wies die Skinheads weg vom Gelände.
17- bis 19-Jährige
Laut Werner Meyer (FDP), als Gemeinderat zuständig für die Stadtpolizei, waren es total sieben Rechtsextreme; fünf Männer und zwei Frauen. Die älteste Person war 23, die anderen zwischen 17 und 19 Jahre alt. Keine von ihnen stammt aus Langenthal: Vier wohnen in der näheren Umgebung, die anderen drei in der Region Bern-Burgdorf.Gegen zwei Uhr in der Früh kams zum zweiten Zwischenfall. Sechs Personen befanden sich im LaKuZ, als wieder einige Rechtsextreme auftauchten und ein Bier verlangten. Diesmal blieb es nicht bei verbalen Auseinandersetzungen, diesmal wurden die Beteiligten handgreiflich; Stühle sollen durch die Luft geflogen sein. Als die Polizei eintraf, waren die «Angehörigen der rechten Szene» schon weg. «Zuvor», so die Pressemitteilung der Kantonspolizei, «hatten sie erhebliche Sachbeschädigungen im Jugendkulturzentrum verursacht.»
Rund 30 Rechtsextreme
Gegen drei Uhr waren plötzlich rund 30 Rechtsextreme in Langenthal. Beobachter vermuten, dass sich diese per SMS kurzfristig organisiert haben. Dem Vernehmen nach schaute die grosse Gruppe zuerst bei der Computer-Lan-Party in der Markthalle vorbei, bevor sie – bewaffnet mit Baseballschlä- gern – das LaKuZ verwüsteten. Alle Fenster wurden eingeschlagen, Tische und Stühle gingen in die Brüche, ebenso Lautsprecherboxen und Scheinwerfer.
Schlägerei vor dem Spital
Darauf zog die Gruppe weiter durchs Stadtzentrum, wobei es zu weiteren Sachbeschädigungen kam. Offenbar hat sich einer von ihnen verletzt und musste das Spital aufsuchen. Dort eskalierte die Situation. Denn als die Skinheads vor dem Spital warteten, stiessen sie auf eine Gruppe von Türken. Diese hatte sich im Spital von einem sterbenden Familienangehörigen verabschiedet. Laut Polizei griffen «mehrere Skinheads um zirka 3.40 Uhr eine Gruppe türkischer Staatsangehöriger an und beschädigten das parkierte Auto einer Spitalangestellten.»
Drei leicht Verletzte
Den verstärkten Kräften von Kantons- und Stadtpolizei gelang es, eine weitere Eskalation zu verhindern. Erst am Morgen gegen Viertel vor sechs beruhigte sich die Lage. Verhaftungen hat die Polizei keine vorgenommen. Sie hat aber diverse Namen und Autokennzeichen. Drei Personen haben sich leicht verletzt und wurden im Spital ambulant behandelt. Der Sachschaden beträgt laut Polizei «mehrere zehntausend Franken». Um die Täter zu ermitteln, wurde auch der kriminaltechnische Dienst der Kantonspolizei eingesetzt. Zudem wurde die Polizeipräsenz im Raum Langenthal verstärkt. In der Nacht auf Sonntag blieb es ruhig.
Politiker sind entrüstet
Spitaldirektor Erich Burri lobt das Eingreifen der Polizei. Es sei «völlig daneben», wenn Leute in ihrer persönlichen Trauer angerempelt würden. Und als Politiker – Burri ist Mitglieder der SVP-Fraktion im Stadtrat – stimme ihn das bandenmässige Auftreten sehr bedenklich.Für FDP-Gemeinderat Werner Meyer ist klar: «Wir wollen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.» Als besonders schlimm empfinde er die «offensichtliche Gewaltbereitschaft». Die Stadtpolizei stosse aber an ihre Grenzen, wenn sie fürs LaKuZ eine Spezialbewachung aufziehen müsste. Bedeutet die Zerstörung vom Wochenende das Ende fürs Jugendkulturzentrum? Vizestadtpräsident Walter Wüthrich (SP), als Gemeinderat fürs Ressort Jugend zuständig und Vater eines LaKuZ-Gründers, schüttelt den Kopf. «Das wäre ja eine Kapitulation», empört er sich und betont: «Das LaKuZ ist absolut nicht gescheitert.»
«Nicht linksextrem»
Im Haus habe sich nun nach anderthalb Jahres ein Kulturbetrieb entwickelt, der sich sehen lassen könne. Auch würden die rechtlichen Auflagen eingehalten, welche gemeinsam mit dem Regierungsstatthalter ausgearbeitet worden seien. Für Wüthrich gehört das Jugendkulturzentrum LaKuZ ebenso zum Langenthaler Kulturangebot wie das Stadttheater, das Kleintheater oder das Chrämerhuus. Warum aber ist das LaKuZ immer wieder Ziel von rechter Gewalt? «Mit dem LaKuZ hat die rechtsextreme Szene ein Ziel erhalten», analysiert Wüthrich. Mit ein Grund – neben den oft auffallend gekleideten Benützern – dürfte laut Wüthrich das Wort «autonom» im Namen sein. «Für die Rechten bedeutet dies wohl, dass wir Linksextreme sein sollen; für uns aber heisst autonom nur, dass wir hier selbst etwas machen können», sagt ein Vorstandsmitglied. Als Reaktion auf die Zerstörung planen die LaKuZ-Leute ein Podium zum Thema rechte Gewalt.
«Städtisches Eigentum»
Das LaKuZ-Gebäude gehört der Stadt. Sie stellt es seit Frühling 2001 den Jugendlichen zur Verfügung. «Hier wurde städtisches Eigentum zerstört», betont Wüthrich. Deshalb hat die Stadt auch Strafanzeige eingereicht. «Ich erwarte, dass jetzt auch Polizei und Justiz handeln.»