Rassisten im Sonntagsanzug

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Pnos-Mitglieder prügeln und propagieren Fremdenhass – und mimen, in edlen Zwirn gekleidet, auch mal den Biedermann.

Rechtsextremisten sitzen in mehreren deutschen Bundesländern in den Parlamenten, neu auch in Mecklenburg-Vorpommern, wo die NPD unlängst 7,3 Prozent der Wählerstimmen erreichte. Die Gewählten sind einerseits Biedermänner wie der NPD-Landesvorsitzende, Kaufmann, Juwelier und Uhrmacher Udo Pastörs, anderseits Vertreter so genannter Freier Kameradschaften, im Klartext junge Männer, die gewalttätigen Subkulturen wie den Naziskinheads angehören. Die einen tragen guten Zwirn, die anderen Springerstiefel und Bomberjacken.

Werfen wir einen Blick in die Schweiz. Vor wenigen Wochen mussten die vier Bandmitglieder der Oberaargauer Rechtsrock-Band Indiziert vor dem Kreisgericht Burgdorf erscheinen, unter ihnen Dominic Lüthard, der Ende Oktober in Roggwil BE für die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) für den Gemeinderat kandidiert. Die Musiker erschienen in dunklen Sonntagsanzügen, mit denen sie selbst an einer Konfirmationsfeier als überangepasst aufgefallen wären.

Doch der bürgerlich-gesittete Aufritt ist nur die eine Seite der Vorgeladenen. Zehn Tage vorher waren genau diese vier Herren an einem grösseren Naziskin-Konzert beteiligt, an dem mehrere Bands auftraten, die in ihren Liedtexten Rassenhass propagieren und den Nationalsozialismus verherrlichen. Der demonstrative Auftritt vor Gericht war womöglich ironisch gemeint, doch bringt er die aktuelle Politik der Schweizer Rechtsextremisten-Szene auf den Punkt: Gegenüber Behörden und Öffentlichkeit im Sonntagsanzug, unter sich in Springerstiefeln und Bomberjacke. Umziehen dauert ja nicht lange.

Mitte Juni 2006 hätten vier Pnos-Exponenten vor dem Bezirksgericht Aarau erscheinen sollen, da das Programm ihrer Partei gegen die Rassismus-Strafnorm verstosse. Wenige Tage vor dem Gerichtstermin akzeptierten die Angeschuldigten ihre Verurteilungen und kamen damit öffentlichen Diskussionen über den gesetzwidrigen Parteizweck und einer gerichtlichen Parteiauflösung zuvor. In den gleichen Tagen veröffentlichte die Pnos ihr neues Parteiprogramm, kosmetisch geglättet und befreit von jenen Passagen, die eindeutig an das Programm der NSDAP erinnerten, zum Beispiel die Anspielung an die Nürnberger Rassengesetze: «Staatsangehöriger kann nur sein und werden, wer der eigenen oder einer verwandten Volksgruppe angehört.»

Eine geläuterte Pnos also? Keineswegs.

Die Schweizer Rechtsextremisten haben ihr Parteiprogramm in wesentlichen Punkten nur geringfügig geändert. Nun fordert die Partei, dass die Schweizer Staatsbürgerschaft höchstens an «kulturverwandte Ausländer» vergeben werden könne. Und weiter: «Kulturfremde Ausländer können das Schweizer Bürgerrecht nur in Ausnahmefällen erhalten», im Sinne einer «Ehrenstaatsbürgerschaft». Nur für Einheimische aus europäischen Ländern und mit christlicher Tradition wäre es noch möglich, dass sie eingebürgert werden, die anderen würden «dem Gastrecht» unterstehen und «sich für begrenzte Zeit in unserem Land» aufhalten, das heisst, sie könnten nach Belieben weggewiesen oder abgeschoben werden, unabhängig ih- rer bisherigen Aufenthaltsdauer in der Schweiz. Diese rassistisch begründete Diskriminierungsidee ist der Kerngehalt der Pnos-Politik.

Die Pnos hat seit einiger Zeit einen Parlamentssitz in Langenthal, und einer ihrer Vertreter sitzt in der Gemeindeexekutive von Günsberg SO. In der lokalen Alltagspolitik können die beiden Pnosler biedermännisch auftreten, sich beispielsweise für die Verlegung einer Bushaltestelle einsetzen. Allerdings bleibt etwas nachzutragen: Viele Pnos-Funktionsträger, meist junge Männer unter dreissig, sind wegen tätlicher Angriffe auf missliebige Personen vorbestraft. Die Pnos, die an ihren Parteitagen schon mehrmals einen NPD-Gastredner auftreten liess, wird also von Exponenten getragen, die sowohl Springerstiefel und Bomberjacke als auch einen bürgerlichen Sonntagsanzug in ihrem Kleiderschrank haben. «

von Hans Stutz

Hans Stutz

Der Journalist und Buchautor beschäftigt sich seit Jahren mit Rassismus und Rechtsextremismus und ist Heraus- geber der jährlich erscheinenden Chronologie «Rassistische Vorfälle in der Schweiz».

Die These

In Deutschland unterscheiden sich die Rechtsextremen in der Politik von jenen, die in Springerstiefeln die Strassen unsi-cher machen. In der Schweiz ziehen sich die Rechten für die Politik einfach um.