RASSISMUS IN DER SCHWEIZ

Sonntagsblick vom 12.09.99

Erst SonntagsBlick-Recherchen zwangen Ueli Maurer zum Handeln Genfer SVP muss Nazi Junod ausschliessen!

VON HENRY HABEGGER

Das Schreiben ging gestern kurz vor 17 Uhr per Fax von Bern nach Genf. Aufgerüttelt durch SonntagsBlick-Recherchen zog SVP-Präsident Ueli Maurer nach langem Hin und Her endlich die Konsequenzen: «Wir fordern die Kantonalpartei Genf auf, Pascal Junod umgehend aus der Partei auszuschliessen.» Der 41-jährige Junod ist Kantonalsekretär der Genfer SVP und Kandidat für den Nationalrat.

Die Kehrtwendung. Eine Woche lang hat sich die SVP Schweiz geweigert, den Rechtsextremisten Junod aus der Partei auszuschliessen. Vor einer Woche traf Junod in Bern SVP-Präsident Ueli Maurer. Junod: «Ich habe ein sehr offenes Gespräch mit Maurer geführt. Er hat das Problem sehr gut verstanden.» Die Partei liess nachher verlauten, gegen Junod liege nichts Strafrechtliches vor, er distanziere sich jetzt vom Rechtsextremismus. SonntagsBlick recherchierte – und zwang SVP-Chef Maurer gestern Nachmittag doch noch zum Rückzieher aus dem braunen Sumpf: n Pascal Junod ist führendes Mitglied des Genfer «Cercle Thulé», Ableger der rechtsextremen Geheimloge «Thule».

Noch am Freitagabend distanzierte sich der SVP-Kandidat in keiner Weise von der Thule-Bewegung, auf deren Internet-Seite gross ein Hitler-Porträt und Nazi-Embleme prangen, unterlegt mit Hakenkreuzen. n Zum Holocaust äussert Junod gegenüber SonntagsBlick Ungeheuerliches:

«Zur Juden-Vergasung? Da habe ich keine Position, weil ich zur Nachkriegsgeneration gehöre. Ich kann nicht aus eigener Anschauung beurteilen, was passiert ist oder nicht. In den historischen Berichten finde ich nichts, was mir eine definitive Antwort gibt.»

Der Freiburger Historiker Urs Altermatt: «Das ist so, wie wenn wir bestreiten würden, dass die EWR-Abstimmung stattgefunden hat.

Auch zu Skinheads pflegt Junod gute Beziehungen. Mehrmals verteidigte er Neonazis vor Gericht. Laut der Westschweizer Zeitung «Le Temps» lud er am 28. Mai mehrere Skinheads zu einem Treffen mit dem französischen Holocaust-Leugner Roger Garaudy ein.

Junod ist Präsident der «Association des Amis de Robert Brasillach» (ARB). Dieser Club hat das Ziel, den 1945 in Frankreich wegen Kollaboration hingerichteten Faschisten und Schriftsteller zu rehabilitieren. Entgegen der Meinung der SVP-Spitze sieht Junod «keinen politischen Grund, die ARB zu verlassen».

Nach einem Blick auf die Internet-Seite der Thule-Bewegung fassten SVP-Generalsekretär Martin Baltisser und sein Parteipräsident einen Eil-Beschluss: Junod muss weg! Die Genfer SVP müsse ihren Kantonalsekretär bis spätestens 30. September ausschliessen. Tut sie das nicht, so Baltisser, wird «das Präsidium dem leitenden Ausschuss beantragen, Sanktionen gegen die SVP Genf einzuleiten». Es gibt zwei Strafmöglichkeiten: Die Teilnahme der Genfer in den SVP-Gremien wird sistiert. Oder: Die ganze Kantonalpartei wird aus der SVP ausgeschlossen.

Höchste Zeit für die SVP zu handeln. Denn ihre Passivität stiess bei den anderen Bundesratsparteien auf blankes Entsetzen: «Da schleust sich braunes Gedankengut ein – das ist brandgefährlich», sagte CVP-Präsident Adalbert Durrer. Und FDP-Präsident Franz Steinegger: «Die SVP korrumpiert sich selbst. Mit der Kandidatur von Junod gibt sie jede Schamgrenze auf.» Für SP-Präsidentin Ursula Koch zeigte Junods Kandidatur: «Die SVP wird eine rechtsextreme Partei.»

Ist mit Junods Ausschluss die rechtsextreme Gefahr bei der SVP gebannt? FDP-Nationalrat Yves Christen zweifelt: «Bei der SVP-Politik besteht immer Gefahr, dass sie Rechtsextreme anzieht.»

Wie Junod. Er habe, sagt Junod zu SonntagsBlick, auch mit dem Zürcher SVP-Nationalrat Christoph Blocher gesprochen und festgestellt: «Wir haben viele gemeinsame Punkte, was die Werte betrifft.»