Prügelskins in der Stadt

WochenZeitung

Alles futsch

In Langenthal haben Skinheads ein Kulturzentrum demoliert.

Johannes Wartenweiler

Das Schlagzeug hing im Fenster, andere Musikinstrumente waren kaputtgeschlagen, alle Fensterscheiben zerbrochen, ebenso Tische und Stühle», erzählt Rebecca Siegfried vom autonomen Kulturzentrum LAKuZ in Langenthal. Der Überfall war in der Nacht vom Freitag auf den Samstag erfolgt. Gegen drei Uhr hatten rund 25 bis 30 Personen das Haus gestürmt und die Inneneinrichtung zerstört. Ein Augenzeuge aus dem Umfeld des LAKuZ musste hilflos zusehen, wie die Arbeit zweier Jahre binnen weniger Minuten klein geschlagen wurde.

Diese Aktion rechter Skinheads war der düstere Höhepunkt einer langen Nacht mit Provokationen und Aggressionen. Im Verlauf des Abends hatten Skinheads im LAKuZ mehrfach Streit gesucht. Beim zweiten Mal gelang es den BetreiberInnen, die Skins aus dem Gebäude zu vertreiben. Später in der Nacht griffen Skins dann noch eine Gruppe türkischer Männer an, die gerade einen kranken Kollegen im Spital besucht hatten.

Provozierende Zielscheibe

Überraschend sind diese Ausfälle rechter Schläger nicht. Rebecca Siegfried kann sich an verschiedene Provokationen seit der Eröffnung des LAKuZ im April 2001 erinnern: «Faschos schlagen Leute ohne Grund ins Gesicht. Einmal standen drei Frauen vor dem LAKuZ. Plötzlich erschienen vier vermummte Gestalten und prügelten kommentarlos mit Baseballschlägern auf sie ein», erzählt Siegfried. Eine von ihnen wurde schwer getroffen. Eine Anzeige sei aber leider nicht gemacht worden.

Wer sind die Leute, die Langenthal einmal mehr mit rechtsextremen Aktionen in die Schlagzeilen bringen? Klar gebe es Personen, die man kenne, sagt Siegfried, aber längst nicht alle stammten aus Langenthal und Umgebung. Auch der für Bildung und Jugend zuständige Gemeinderat Walter Wüthrich (SP) geht davon aus, dass die meisten Angreifer von auswärts stammen: «Das autonome Zentrum ist für sie eine Provokation und eine Zielscheibe», erklärt er die wiederholten Angriffe auf alternative Kulturinstitutionen, wie sie auch schon in den neunziger Jahren stattgefunden hätten. Dies, weil Langenthal liberal sei und Experimente wie das LAKuZ zulasse (Langenthal stellt dem siebzigköpfigen Verein ein Gebäude zur Verfügung).

Und die Polizei? Sie war am Wochenende vor Ort – meistens einen Moment zu spät. Bislang sei sie eher zurückhaltend gewesen, sagt Siegfried. Man habe dem LAKuZ geraten, einen privaten Sicherheitsdienst beizuziehen, weil es für die Polizei nicht zumutbar sei, ständig auszurücken.

Inzwischen nimmt die Polizei den Vorfall offenbar sehr ernst. Einige Personalien und Autokennzeichen konnten erhoben werden. Da der Angriff auf das LAKuZ via SMS organisiert wurde – als Treffpunkt diente das Klubhaus des FC Langenthal -, lassen sich vermutlich weitere Spuren auswerten. Mithin wird die Geschichte, die an den Neonazi-Überfall auf ein Konzert im luzernischen Hochdorf im Jahre 1995 erinnert, auch eine ähnliche Nachgeschichte haben: Ermittlungen, Festnahmen, Urteile, Prozesse – und einen kleinen Einblick in die rechtsradikale Szene.