In Frauenfeld stehen sechs Männer vor Gericht, die zwei Jugendliche grundlos bewusstlos schlugen
Weil sie im April 2003 in Frauenfeld zwei Jugendliche halb tot geschlagen haben, sollen sechs Rechtsextreme für fünf bis sechs Jahre ins Zuchthaus. Das forderte gestern der Staatsanwalt zum Auftakt des Prozesses in Felben TG.
Die Tat sei äusserst brutal, unverständlich und unentschuldbar, sagten Staatsanwalt und Opfervertreter. Das Verschulden der sechs heute 20- bis 25-Jährigen sei ausserordentlich schwer. Die Täter zeigten weder Reue noch Einsicht. Vier der sechs hätten nach wie vor Kontakte zur rechtsradikalen Szene. Der siebte hatte sich im Gefängnis das Leben genommen.
Der Staatsanwalt zog Parallelen zum sogenannten Postgasse- Überfall in Bern. Wie dort fehle es an Motiven. Die Angeklagten hätten die Opfer ausgewählt, obwohl sie diese nie zuvor gesehen hatten. Die beiden damals 15- und 17-jährigen Opfer hatten keine Chance gehabt, sich zu wehren.
Sie seien von den Angreifern traktiert worden, bis sie reglos am Boden lagen. Die Angeklagten hätten den Tod der Opfer in Kauf genommen. «Die scheussliche Tat», seit der eines der beiden Opfer schwer geistig und körperlich behindert ist, qualifizierte der Staatsanwalt als vollendeten Tötungsversuch.
Es sei ihre Absicht gewesen, das Ska-Konzert in Frauenfeld zu stören, dort Jagd auf «Linke» zu machen und sie zusammenzuschlagen, gaben die Angeklagten zu Protokoll. Weil sie keine geeigneten Opfer fanden, wollten die sieben Skinheads, die zum Teil der Gruppierung «Blood and Honour» angehörten, wieder Richtung Zürich zurückfahren, wo sie wohnten. Am Bahnhof Frauenfeld trafen sie aber kurz vor Mitternacht auf die beiden Jugendlichen. Diese wollten per Zug nach Hause fahren, weil sie keine Tickets für das Ska-Konzert im Kulturzentrum «Eisenwerk» mehr erhalten hatten.
Tod in Kauf genommen
«Die nehmen wir uns noch vor», habe einer gerufen. Ohne Vorwarnung habe einer der Angeklagten dem 17-Jährigen eine Weinflasche über den Kopf gezogen. Wie von Sinnen hätten sie danach mit Händen und Füssen auf die Jugendlichen eingeschlagen und getreten, noch als sie reglos am Boden lagen. Erst als sie einen Streifenwagen in der Nähe vorbeifahren sahen, hätten sie von ihren Opfern abgelassen. Sie seien geflüchtet, ohne sich um die schwerverletzten Jungen zu kümmern.
Das jüngere Opfer erlitt so schwere Hirnverletzungen, dass Teile der Hirnmasse entfernt werden mussten. Laut seiner Mutter leidet der heute 17-Jährige stark unter Kommunikationsschwierigkeiten und unter dem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Er werde sein Leben lang schwer behindert bleiben und nie arbeiten können.
Am ersten Prozesstag stellten die Opfer Forderungen von 240 000 Franken. Die Vertreterin des jüngeren Opfers forderte eine Genugtuung von 150 000 Franken für den heute 17-Jährigen. Die Mutter forderte 70 000 Franken Schadenersatz und Genugtuung. Die Mutter des älteren Opfers, das eine Gehirnerschütterung und Verletzungen im Gesicht davongetragen hatte, forderte rund 18 700 Franken Schmerzensgeld und Schadenersatz. (sda)