Der Prozess gegen die Hauptangeklagten beginnt am Montag und dauert zwei Wochen
Thomas Gubler
Wegen schwerer Körperverletzung müssen sich ab heute Montag vor dem Strafgericht Baselland sechs Männer aus der rechtsextremen Szene verantworten. Der Prozess ist nicht öffentlich. Zugelassen sind nur die Medien. Das Urteil soll am 24. Februar ergehen.
Der Fall hatte im Frühling 2004 weit über die Nordwestschweiz hinaus für Aufsehen, ja Entsetzen gesorgt. Eine rechtsextremen Kreisen zugerechnete Gruppe junger Männer aus der Region «stürmte» mit Eisenstangen, Axtstielen, Baseballschlägern und Ketten bewaffnet das Liestaler Bahnhofgelände und den Coop Pronto Shop. Dort schlugen sie wahllos drei unbeteiligte Personen nieder, verwüsteten den Pronto Shop und machten sich anschliessend aus dem Staub. Ab heute Montag stehen die sechs Hauptangeklagten, allesamt Männer aus der Region im Alter zwischen 21 und 24 Jahren, vor dem Strafgericht Baselland. Ihnen wird schwere Körperverletzung, Angriff, Sachbeschädigung und mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Der Prozess vor der Fünfer-Kammer unter dem Vorsitz von Gerichtpräsidentin Jacqueline Kiss ist auf zwei Wochen angesetzt. Mit der Urteilsverkündigung wird am 24. Februar gerechnet.
Denkzettel. Die sechs jungen Männer gelten laut Anklage als die Hauptverantwortlichen für die Ereignisse vom Freitagabend, 30. April 2004. Zwei davon werden als eigentliche Anführer ausgemacht, die an diesem Abend einer Ausländergruppe auf dem Bahnhof Liestal «einen Denkzettel verpassen». Seit Ende 2003 war es in Liestal zwischen ausländischen Jugendlichen und Angehörigen der rechtsextremen Szene, die sich jeweils in einem Lokal in der Nähe des Bahnhofs traf, immer wieder zu «Scharmützeln» gekommen.
Für diese Abrechnung hatten die zwei Anführer eine Reihe von Personen aus ihrem Umfeld rekrutiert. Und so traf man sich – die sechs Hauptangeklagten, drei Fahrerinnen und ein Fahrer sowie fünf jugendliche Mitläufer – zuerst auf einem Parkplatz in Liestal, um anschliessend zur Windentalerhöhe zu fahren. Dort fanden dann laut Anklage die letzten Vorbereitungshandlungen statt. Man zog sich um und stimmte sich mit Alkohol und Musik auf das Bevorstehende ein. So gegen 22 Uhr erfolgte der Aufbruch nach Liestal.
Wahlloses Dreinschlagen. Von den Parkplätzen aus stürmte die Gruppe bewaffnet und vermummt zum Bahnhof. Einer der sechs Hauptangeklagten stiess gemäss Anklageschrift gleich ein erstes Opfer um – einen ca. 60-jährigen Mann, der auf Perron 1 seine Frau erwartete. Offenbar im Glauben, es handle sich um ein Mitglied der «gegnerischen Ausländer», traktierte er das Opfer mit einem mit Nägeln gespickten Axtstiel. Nachdem der Schläger erkannt hatte, dass das Opfer nicht zur ausländischen Gegengruppe gehören konnte, liess er von ihm ab und rannte weiter um den Pronto Shop herum zum Restaurant Bistro. Dort stiess er auf einen weiteren Unbeteiligten, von dem er wiederum irrtümlicherweise annahm, er gehöre zur Gegengruppe der Ausländer und schlug auch diesen zu Boden. Dieses zweite Opfer versuchte darauf, sich in den Pronto Shop zu retten, wo es dann allerdings gleich von zwei Schlägern mit Axtstiel und Gummiknüppel erneut zusammengeschlagen wurde.
Denkzettel. Schliesslich wurde laut Anklage auch noch ein zufällig im Pronto Shop anwesender Kunde von einem weiteren Angeklagten mit einem Baseballschläger traktiert. Dieser konnte dann zwar die Flucht ergreifen, trug aber dennoch Verletzungen davon. Die übrigen Rechtsextremen sollen währenddessen die auf dem Bahnhofplatz zu Fuss fliehenden Ausländer verfolgt haben, um ihnen den beabsichtigten Denkzettel zu verpassen. Andere begaben sich ebenfalls in den Pronto Shop, um ihre Kollegen zu unterstützen und ihnen den Fluchtweg frei zu halten. Kurze Zeit später blies dann einer der Angeklagten zum Rückzug, worauf alle Beteiligten zurück zu den Fahrzeugen rannten und davon fuhren.
Drei Verletzte. Resultat der Aktion: Die drei unbeteiligten Männer, die dem Angriff zum Opfer fielen, trugen zum Teil erhebliche Verletzungen davon und mussten ärztlich behandelt beziehungsweise hospitalisiert werden. Einer leidet seither an chronisch depressiver Grundstimmung und war bis vor kurzer Zeit noch arbeitsunfähig. Der Pronto Shop bot ein Bild der Verwüstung. Zum Prozess vor dem Strafgericht Baselland ist in diesem Fall nur die Presse zugelassen. Die weitere Öffentlichkeit ist ausgeschlossen.