Solothurner Zeitung: Der Dornacher SVP-Präsident Tobias Steiger ist innert weniger Tage zur Hypothek für seine Partei geworden. Der 40-Jährige hat im Internet Äusserungen gemacht, die seine Partei in die Nähe zu braunem Gedankengut rücken könnten. Gestern zog er Konsequenzen und trat freiwillig zurück.
Zwist in der SVP · Der Dornacher SVP-Präsident Tobias Steiger will nicht nur eine Pegida-Demonstration gegen ein Asylzentrum organisieren. Er sympathisiert auch offen mit rechtsextremen Gruppen. Seine Parteikollegen sind überrumpelt und Steiger sein Amt los.
Die Angelegenheit hat das Potenzial zum Skandal – spätestens seit die «Basler Zeitung» gestern publik machte, dass der 40-Jährige auf Facebook selbst extreme Äusserungen postete. So schrieb Steiger, als Anfang Juli ein eritreischer Asylbewerber im Rhein ertrank: «Sollen sie mit Gott gehen, Hauptsache sie gehen zurück.» Zudem soll er über «Salafisten-Schweine» geschimpft haben. Doch das ist noch nicht alles: Gut vernetzt scheint Steiger in der rechten Szene zu sein. Er sympathisiert auf Facebook offen mit der «Identitären Bewegung», die als rechtsextrem gilt. Weiter plant er, Ende Oktober eine Demonstration gegen das Asylzentrum in Arlesheim durchzuführen. Dass dort Rechtsextreme auftauchen könnten, stört Steiger nicht. «Warum sollen wir uns von Rechtsradikalen abspalten, wo wir gemeinsame Interessen haben?», meint er gegenüber «20 Minuten».
Fraktionschef fordert Rücktritt
Der Führungsriege der Solothurner SVP sind gewisse Aussagen Steigers offenbar unangenehm. Christian Imark, Fraktionschef im Kantonsrat, zeigt gegenüber der «BaZ» kein Verständnis, er sei gar erschrocken. Imark: «Das ist braunes Gedankengut, welches in der SVP nichts verloren hat. Wir sind eine demokratische Partei und lehnen rechtsradikale Ansichten ab.» Imark fordert unmissverständlich den sofortigen Rücktritt von Steiger. Gestern nun kam Steiger der Aufforderung nach, wie die SVP Schwarzbubenland bestätigte. Er hat sein Parteimandat abgegeben.
SVP-Kantonalpräsident Silvio Jeker seinerseits hatte Steigers Äusserungen schon zuvor als «unklug und pietätslos» bezeichnet.
Kampf gegen Asylzentrum
Begonnen hat die Aufregung um Steiger vor einigen Tagen. «20 Minuten» hatte damals publik gemacht, dass Steiger die aus Deutschland stammende Pegida-Bewegung in die Schweiz bringen will – und zwar nach Arlesheim. Dort will Steiger für den 25. Oktober eine Demonstration gegen ein Asylzentrum organisieren, das seit einigen Wochen in Betrieb ist. Bisher konnte die Bewegung «Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes» (Pegida) in der Schweiz nie Fuss fassen. Noch keine Gemeinde hatte Pegida eine Demonstrations-Bewilligung erteilt, zu gross ist die Angst vor Krawallen.
Schon damals war die Solothurner SVP überrumpelt. Klar ist: Die Demo war und ist kein Anlass der SVP, Steiger handelt als Einzelfigur. Das stellte auch Silvio Jeker klar. Der SVP-Kantonalpräsident ist mit dem Vorgehen Steigers in Sachen Demonstration nämlich nicht einverstanden. In «20 Minuten» distanziert er sich «ganz klar» von den Plänen. Es ist zudem sowieso fraglich, ob der Arlesheimer Gemeinderat den Pegida-Aufmarsch überhaupt zulässt. Auch der Co-Präsident der SVP-Sektion Arlesheim/Münchenstein, der Landrat Peter Brodbeck, hatte «keine Freude» an der geplanten Demonstration. Er selber sträubt sich nämlich nicht gegen das Asylheim. «Wenn die Bewohner, wie vom Gemeinderat beteuert, nur ein bis zwei Wochen da sind, dann sage ich auch als SVPler: Da kann man nicht dagegen sein.» Die Auffangstelle im Basler Bässlergut sei überlaufen. «Wenn alle Gemeinden Nein sagen, wo sollen denn die Leute alle hin?» Gegen kurzfristige, sinnvolle Lösungen wie jetzt in Arlesheim könne man nichts haben, findet Brodbeck – auch wenn SVP-Präsident Toni Brunner kürzlich die Partei aufrief, gegen alle Asylzentren zu protestieren.
Steiger, Inhaber einer Sicherheitsfirma, sagte gegenüber der «BaZ», einige seiner Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen. Gewisse seiner Aussagen habe er zudem bewusst ketzerisch formuliert. Sie hätten lediglich seinen Frust gegenüber der Berner Politik zum Ausdruck gebracht.