Polizei will Extremisten mit Grossaufgebot fernhalten

Südostschweiz

Polizei will Extremisten mit Grossaufgebot fernhalten

Mit einem neuen Sicherheitskonzept will die Rütlikommission verhindern, dass die Bundesfeier auf dem Rütli erneut durch Extremisten gestört wird. Ob das gelingt, muss sich aber erst noch weisen.

Von Dario Morandi

Luzern/Schwyz. – Die 1.-August-Feier auf der Rütliwiese war im vergangenen Jahr ziemlich turbulent verlaufen. Ein Trupp Rechtsradikaler störte damals mit Schmährufen die Ansprache von Bundespräsident Samuel Schmid. Der unschöne Vorfall ist inzwischen als «Rütli-Schande» in die Geschichte eingegangen. In diesem Jahr spricht der ehemalige Swisscom-Verwaltungsratspräsident Markus Rauh auf der Rütliwiese. Die Mitglieder des Bundesrates sind an anderen Orten als Festredner engagiert. Ob es morgen auf dem Rütli erneut zu verbalen Pöbeleien oder gar Ausschreitungen kommt, ist offen. Fakt ist aber, dass rechts- und linksradikale Gruppierungen im Internet zum Marsch in die Innerschweiz blasen.

So ruft etwa das so genannte überregionale antifaschistische Netzwerk zu einer Demonstration in Luzern gegen Rassismus und rechte Aufmärsche auf. Die Kundgebung steht unter dem Motto «Gegen Faschismus; für eine grenzenlose Welt». Dieser Widerstand sei nötig, «um der wachsenden Anzahl der rechten Demonstrationen mit immer mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer entgegenzutreten», heisst es. Aber auch mutmasslich rechtsextremistische Gruppierungen wie etwa die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), haben angekündigt, dass man sich die Zutrittsbeschränkung auf dem Rütli nicht gefallen lassen werde.

Gesitteter Feiertag auf dem Rütli

Angesichts dieser Ankündigungen ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sich auch Rechts- und Linksradikale unter das Publikum mischen werden. Und dies trotz der Einführung eines Ticketsystems für den Zutritt auf die Rütliwiese, mit dem die Rütlikommission ungebetene Gäste vom Festplatz fernhalten will. Die ehemalige Luzerner CVP-Nationalrätin und Rütlikommissions-Präsidentin Judith Stamm geht aber dennoch von einem «gesitteten Feiertag auf dem Rütli aus», wie sie kürzlich der «Neuen Luzerner Zeitung» sagte. Gemäss ihren Angaben kosten die Sicherheitsvorkehrungen rund eine Million Franken. Stamm ist sich zwar bewusst, dass es sich dabei um einen hohen finanziellen Aufwand handelt. Ihr habe aber niemand eine andere Lösung ohne Polizei präsentieren können. Sie rechnet gesamthaft mit etwa 1500 Personen, die morgen an der Rütlifeier teilnehmen werden. Zur Verfügung standen 2000 Tickets, die bis Mitte letzter Woche unter der Angabe von Name und Adresse für den Zutritt auf die Rütliwiese kostenlos bezogen werden konnten. Rund 200 Personen wurden nach der Überprüfung von deren Indentitäten keine Zutrittskarten zugestellt.

Armee tritt nicht in Erscheinung

Für Ruhe und Ordnung auf der Rütliwiese sorgen die Polizeikorps des Innerschweizer Polizeikonkordats, die zusätzlich durch Einheiten aus anderen Landesteilen verstärkt werden. Der stellvertretende Armeesprecher Kaj-Gunnar Sievert dementierte deshalb auf Anfrage Gerüchte, wonach die Polizei auch noch durch Armeeangehörige unterstützt werde. Wohl habe die Armee für die Rütlifeier Absperrmaterial zur Verfügung gestellt. Auch habe sie am Ufer des Vierwaldstättersees bei Brunnen im Kanton Schwyz einen Landesteg gebaut. Vor, während und nach der Bundesfeier trete die Armee aber nicht in Erscheinung, versicherte er.

Aus der Luft überwacht

Nach Angaben von Florian Grossmann, Informationschef der Kantonspolizei Schwyz, steht dem Polizeikonkordat zudem ein Super-Puma-Helikopter der Luftwaffe zur Verfügung. Für welche Aufgaben die Maschine konkret genutzt wird, wollte Grossmann aus polizeitaktischen Gründen nicht sagen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass der Militärheli, ähnlich wie beim Davoser World Economic Forum, zur Überwachung des Geländes und allenfalls zur raschen Verschiebung von Ordnungskräften eingesetzt wird.

Verdächtiges der Polizei melden

Im Kanton Schwyz blickt man offenbar mit gemischten Gefühlen der Bundesfeier auf dem Rütli entgegen. In einem Flugblatt ruft die Kantonspolizei die Bevölkerung nämlich zur Wachsamkeit auf. Sobald man im Zusammenhang mit den 1.-August-Feierlichkeiten etwas Verdächtiges bemerke oder eine Gefahr zu erkennen glaube, sei eine Verständigung der Kantonspolizei angezeigt, heisst es da. Und: «Auch wenn Sie nicht direkt betroffen sind, handeln Sie im Interesse der Allgemeinheit und letztendlich damit für Ihre eigene Sicherheit.»

Konfrontation vermeiden

Aber nicht nur das. Wie Verantwortliche der Kantonspolizei Schwyz am Freitag an einer Medienkonferenz bekannt gaben, wird der Zugang nach Brunnen am Nationalfeiertag eingeschränkt sein. Die Polizei will damit eine Konfrontation zwischen Rechts- und Linksextremen verhindern. Wer in die Gemeinde kommen will, muss Kontrollpunkte passieren, einer davon steht am Bahnhof. Bereits am Freitag waren dort entlang der Perrons und auf dem Bahnhofplatz Hunderte Meter Gitterzäune aufgestellt. Es handle sich um eine normale Polizeikontrolle, sagte Kantonspolizeikommandant Lorenzo Hutter. Die Personen würden befragt und müssten über ihre Identität Auskunft geben. Personen mit Gefahrenpotenzial dürften nicht ins Dorf und erhielten eine Wegweisungsverfügung.

Grossaufgebot zusammenziehen

Auch nach Einschätzung von Beat Hensler, Sicherheitskoordinator der Rütlifeier, besteht die Gefahr von Störungen der Rütlifeier oder gar Ausschreitungen während der Demonstration in Luzern. An diesem Tag würden die extreme Linke ebenso wie rechtsextreme Gruppierungen vor Ort sein. «Genau aus diesem Grund ziehen wir ein Grossaufgebot zusammen», erklärte der Kommandant der Luzerner Kantonspolizei gegenüber der «Südostschweiz». Er rechnet indessen nicht mit einer Eskalation, wohl aber «mit einigen Scharmützeln». Es werde voraussichtlich Versuche geben, die Rütliwiese ohne eine Zutrittsbewilligung zu betreten. Und das wird von der Polizei unter allen Umständen verhindert. Hensler: «Das Rütli kann nur über einen von uns kontrollierten Zugang erreicht werden.»