St. Galler Tagblatt: Ein rechtsextremer Musiker aus Deutschland durfte trotz Einreisesperre in Kaltbrunn auftreten. «Für uns war das die beste Lösung», sagt der Mediensprecher der St. Galler Kantonspolizei.
Die Wogen rund um den Pnos-Anlass vom vergangenen Samstag in Kaltbrunn gehen nach wie vor hoch. Wie am Mittwoch bekannt wurde, trat Philipp «Phil» Neumann, Sänger der deutschen Rechtsrock-Band Flak, trotz einer Einreisesperre am Anlass im Gasthaus Löwen auf. Auf Facebook sprach Sven Skoda, deutscher Neonazi und Gastredner bei der Pnos, gar von einem Handel: Zwischen den Zeilen habe die Polizei durchblicken lassen, dass man über den Zeitpunkt der Auslieferung verhandeln könne, um andere Massnahmen zu vermeiden, heisst es im entsprechenden Eintrag auf Facebook. Der Polizei sei daher mitgeteilt worden, dass Neumann und er sich nach dem Anlass bei ihr melden würden.
Nachdem sich die Kantonspolizei am Mittwoch nicht zum exakten Zeitpunkt der Ausweisung des Flak-Sängers hatte äussern wollen, verschickte sie gestern ein Communiqué zur Angelegenheit. «Richtig ist, dass gegen ein Mitglied der Band Flak ein kurzfristig verfügtes Einreiseverbot des Bundesamtes für Polizei bestand, das von der Kantonspolizei St. Gallen beantragt worden war», heisst es in der Mitteilung. Wie Mediensprecher Gian Andrea Rezzoli auf Nachfrage sagt, wurden danach sämtliche Grenzposten informiert. Das Einreiseverbot selbst habe dem Sänger im Ausland nicht eröffnet werden können und sei damit vorerst unwirksam geblieben.
Unerkannt an
Versammlung gefahren
Obwohl laut Rezzoli die Grenzbehörden informiert waren und mehrere Fahrzeuge und Personen kontrolliert wurden, gelang es dem Sänger mit deutscher Staatsangehörigkeit, unkontrolliert in die Schweiz einzureisen. «Er schaffte es unerkannt und nicht im eigenen Auto, an den Versammlungsort zu gelangen.» Erst nach Beginn der Veranstaltung hatte die Polizei laut Rezzoli die Information, dass sich der Sänger am Ort der Versammlung aufhielt. «Aus Gründen der Verhältnismässigkeit im Rahmen des Gesamteinsatzes haben wir uns dann entschieden, dem Mann erst nach seinem Auftritt das Einreiseverbot auszuhändigen», sagt der Mediensprecher. Und weiter: «Wir hatten an jenem Tag Polizeieinsätze an verschiedenen Schauplätzen. Unter anderem einen Grosseinsatz am Rapperswiler Bahnhof. Nach Beurteilung der Sachlage war dies für uns die beste Lösung.» Zur Frage, wieso die Polizei nicht nach Beginn der Versammlung den Sänger festgenommen habe, sagt Rezzoli: «Weder die Pnos noch die Musikgruppe Flak sind in der Schweiz verboten. Weil es sich um eine geschlossene Veranstaltung handelte, sahen wir keinen Grund einzuschreiten.» Laut Rezzoli konnte die Polizei die Veranstaltung nicht einfach aufgrund von möglicherweise rassistischen Songtexten stürmen. Die Polizei toleriere aber in keiner Weise rechtsextremistisches Gedankengut.
Polizei weist
Vorwürfe zurück
Um 22 Uhr wurde der Sänger dann in polizeiliche Räumlichkeiten gebracht. Dort wurde ihm laut Rezzoli das Einreiseverbot eröffnet. Im Polizeiauto sei Sänger Philipp Neumann schliesslich, genauso wie Gastredner Sven Skoda, an die Grenze gefahren worden, wo die Ausreise aus der Schweiz erfolgt sei. «Erst jetzt, nach Eröffnung des Einreiseverbots, wird sich der Sänger – sollte er während der Dauer des Einreiseverbots nochmals in die Schweiz einreisen – strafbar machen», sagt Rezzoli weiter.
Den Vorwurf, den Auftritt des Sängers vor der Ausweisung mit der Parteileitung der Pnos ausgehandelt zu haben, weist der Mediensprecher zurück. Er betont: «Es fanden in keiner Art und Weise derartige Verhandlungen statt – weder mit der Pnos noch mit dem Flak-Sänger selbst.»
Wer die Sicherheit gefährdet
Einreiseverbot Zum Fall Kaltbrunn äussert sich das Bundesamt für Polizei (Fedpol) aus Datenschutzgründen nicht. Auf Nachfrage heisst es aber: «Das Fedpol kann Einreiseverbote gegen ausländische Personen erlassen, welche die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährden.» Die Sicherheit des Landes werde gefährdet durch Terrorismus, gewalttätigen Extremismus, verbotenen Nachrichtendienst, organisierte Kriminalität, Handlungen und Bestrebungen, welche die gegenwärtigen Beziehungen der Schweiz zu anderen Staaten ernsthaft gefährden oder auf eine gewaltsame Änderung der staatlichen Ordnung abzielen. Die Rechtsgrundlage ist unter Artikel 67 Absatz vier des Ausländergesetzes verankert. (lex)