Neue Luzerner Zeitung vom 15.09.2009
Das umstrittene Konzert im «Froschkönig» gibt heute auch im Kantonsrat zu reden. Ein Experte wüsste, wie es verhindert werden könnte.Michael Graber
Aller Voraussicht nach wird Marko Petkovic alias Thompson am 3. Oktober im «Froschkönig» in Kriens auftreten. Dies trotz Widerstand und gegen den Willen des Gemeinderates. Der Kroate Petkovic gilt als ultranationalistisch und verherrlicht zudem in einzelnen Liedern die Ustascha-Faschisten. Auch kam es an seinen Konzerten schon zu Ausschreitungen (unsere Zeitung berichtete). «Leider können wir den Auftritt nicht verhindern. Da fehlt uns die rechtliche Grundlage», sagt Cyrill Wiget, Krienser Gemeinderat. Das Problem sei, dass der Auftritt in einem privaten Club stattfinde.
Daniel Jositsch, SP-Nationalrat und Strafrechtsprofessor, widersprach Wiget im «Tages-Anzeiger». Er verweist auf die «polizeiliche Generalklausel», die es ermöglichen würde, einen solchen Anlass auch in einem privaten Club abzusagen. Dadurch könnten etwa Neonazi-Konzerte abgesagt werden.
Gewaltpotenzial auch im Fussball
Die polizeiliche Generalklausel wird von der Polizei angewandt, wenn sie davon ausgeht, dass es bei einem Anlass zu Gewalt kommt oder Grundrechte verletzt werden. Mit dieser Klausel können Grundrechte (hier jene des Veranstalters und des Sängers) eingeschränkt und das Konzert abgesagt werden.
Laut Paul Richli, Professor für öffentliches Recht an der Universität Luzern, soll die polizeiliche Generalklausel aber nur als letztes Mittel angewendet werden. Ob dies im Fall des kroatischen Sängers gegeben ist, sei fraglich. «Wenn es in der Vergangenheit im Zusammenhang mit seinen Konzerten immer wieder zu Gewalt und Verstössen gegen die Antirassismus-Strafnorm gekommen ist, dann wäre der Einsatz der Generalklausel denkbar.» Nur: Ob man diese Klausel auch wirklich einsetzen wolle, sei fraglich, «denn sonst könnte man ja fast jedes Fussballspiel absagen. Auch da gibt es ein Gewaltpotenzial.»
Als «Ultima Ratio»
Lathan Suntharalingam, SP-Kantonsrat, kann sich durchaus vorstellen, dass der Kanton die polizeiliche Generalklausel als «Ultima Ratio» einsetzt. «Persönliche Rechte stehen hier nicht im Vordergrund. Thompson hetzt gegen ganze Völker.» Suntharalingam hat im Kantonsparlament eine Dringliche Anfrage zum Auftritt des kroatischen Sängers eingereicht. Heute wird sich der Regierungsrat dazu äussern. Unter anderem will Suntharalingam wissen, ob der Kanton eine solche Veranstaltung toleriere.
«Für mich ist es wichtig, dass der Kanton eine klare Haltung gegenüber solche Auftritten vertritt», sagt Suntharalingam. Thompson verherrliche die Ustascha und rufe zur Gewalt gegen Bosnier und Serben auf. Auch habe er den Holocaust verherrlicht. Der Stadtluzerner SP-Kantonsrat hat immer noch die Hoffnung, dass das Konzert doch noch abgesagt wird. «Auftritte von schweizerischen Rechtsextremen werden ja auch verboten. Warum sollte hier für einen Faschisten aus dem Ausland eine Ausnahme gemacht werden?»
Grundsätzlich wäre es laut Richli durchaus möglich, dass die Gemeinde Kriens eine Bestimmung in die Gemeindeordnung aufnimmt, um ähnliche Veranstaltungen künftig zu verhindern. Etwa einen Artikel zum Schutz der öffentlichen Ordnung. Es wäre nicht zulässig, auf Dauer für solche Veranstaltungen die polizeiliche Generalklausel zu bemühen.
Die Polizei nahm gestern mit Verweis auf den politischen Vorstoss keine Stellung zum Thema.
Ohrfeigen wegen Kritik an Konzert
Der Luzerner SP-Grossstadtrat David Roth wurde am Wochenende von einem Unbekannten attackiert. Der Grund: Roths Einsatz gegen den Auftritt von Marko Perkovic alias Thompson im Krienser «Froschkönig». Laut Angaben des Politikers musste er zwei Ohrfeigen einstecken. Das Sicherheitspersonal des Ausgangslokals hat den Täter anschliessend herausgeworfen. David Roth sieht vorerst von einer Anzeige gegen den Schläger ab. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass er auch viele sehr sachliche Diskussionen über den Auftritt von Thompson hatte. Roth und die Juso hatten angekündigt, gegen das Konzert des kroatischen Sängers zu demonstrieren. Für David Roth ist es immer noch ein Fehler, dass das Konzert stattfinden könne.